domradio.de: Sie haben hier gerade etwas versprochen: Overbecks" Korn aus der väterlichen Schnapsbrennerei - für alle Soldaten?
Franz-Josef Overbeck: Nein, nein, so vermessen wäre ich nicht, ein solches Zeichen wollte ich auch nicht setzen. Aber gestern Abend nach dem Eröffnungsabend traf ich vor einer französischen Gaststätte das Heeresmusikcorps aus Kassel. Als die jetzt eben wieder hier waren, habe ich gesagt, ich würde ihnen einen Overbecks Korn spendieren.
domradio.de: Sie sind hier also gut angekommen. Das sieht man auch an dem Kneipenbesuch gestern Abend?
Overbeck: (Lacht) Das gehört halt mitten ins Leben. Und in Lourdes - wer Lourdes kennt, weiß das - ist das nicht schwer. Bei so vielen Pilgerinnen und Pilgern auf die eine oder andere Gruppe zu stoßen. Erst recht, wenn so viele Soldatinnen und Soldaten da sind. Und da ich gerade aus dem Heiligen Bezirk kam, war die Begegnung mit den Soldaten ganz einfach und unkompliziert möglich.
domradio.de: Sie sind jetzt einen knappen Tag hier. Wie erleben Sie die Soldatenwallfahrt?
Overbeck: Ich erlebe die Leute in den Gottesdiensten wie heute Morgen und gestern Abend schon sehr wach und aufmerksam. Ansonsten ist das ein, wir würden auf Neudeutsch sagen, Event, das Menschen zusammenbringt; das ihnen aber auch Perspektiven des Glaubens eröffnet. Ich merke schon, dass Einige hier auch mit sehr ernsthaften Anliegen sind und froh sind, dass die Kirche mit bei den Soldaten ist - und damit mit in der Gesellschaft.
domradio.de: Was bedeutet die Soldatenwallfahrt für die Militärseelsorge?
Overbeck: Ich glaube, die Soldatenwallfahrt nach Lourdes gehört zu den großen Identifikationspunkten, in denen auf eine Weise Öffentlichkeit hergestellt wird, die wir sonst einfach nicht haben. Da die meiste alltägliche Seelsorge auch etwas sehr Diskretes, ich will nicht sagen, Verborgenes, aber auf alle Fälle Zurückhaltendes hat. Es ist ein Identifikationspunkt, der uns zeigt, wir können in der Öffentlichkeit auch bestehen. Und da ist immer die Möglichkeit, die ich auch als Bischof wahrnehme, mit den Soldaten auf vielfache Weise, auch mit ihren Angehörigen in Kontakt zu kommen, aber auch die Botschaft der Kirche, auch die politische Botschaft der Kirche deutlich zu machen.
domradio.de: Viele Soldaten, die hier hin pilgern, sind Wehrpflichtige. Die fällt nun weg. Was bedeutet das für die Soldatenwallfahrt nach Lourdes?
Overbeck: Es werden auch zukünftig Wehrpflichtige, die sich dann natürlich freiwillig verpflichtet haben, in der Bundeswehr sein. Und die werden auch sicher weiterhin gerne nach Lourdes kommen. Das werden Sie im nächsten Jahr sehen. Ich bin überzeugt davon, dass das gut weitergehen wird.
domradio.de: Die Marienerscheinung von Lourdes gehört zu den Geheimnissen des Glaubens. Wie ist das für Sie: Ist das eine spirituelle Herausforderung oder eine spirituelle Selbstverständlichkeit, was hier in Lourdes passiert und immer wieder passiert?
Overbeck: Die Erscheinungen der Muttergottes als der immaculata conceptio, also der unbefleckt Empfangenen, am 11. Februar 1858 über 17 Mal an Bernadette Soubirous, zeigen das an, was 1854 Papst Pius IX. für die Kirche verbindlich erklärt hat, nämlich dogmatisch, dass Maria die unbefleckt Empfangene ist. Ich habe es übersetzt für gestern Abend und auch heute Morgen noch mal kurz: Es gibt den reinen Anfang, den nur Gott selbst setzen kann in einem Menschen. Und nicht wir. Von daher glaube ich, dass diese Botschaft auch für heute noch eine Bedeutung hat; die übersetzt werden muss in einen Alltag, in dem es genauso wie sonst Sünde, Schuld und Verschlossenheit gegenüber Gott gibt.
domradio.de: Sie sind ein wenig ausgewichen. Ist Lourdes eine Herausforderung für Sie?
Overbeck: Das Wallfahren nach Lourdes und zu so vielen Wallfahrtsorten ist immer eine spirituelle Herausforderung. Hier ist es an einen Ort, der noch mal deutlich macht: Die Offenbarung ist die eine, und sie zeigt sich im Laufe der Geschichte unter verschiedenen Gesichtern, in denen uns noch mal als Mensch und Kirche deutlich wird, was Gott uns offenbart hat. Und das gehört eben zum Glaubensgut der Kirche. Von daher ist es eine spirituelle Herausforderung für mich.
domradio.de: Sie fliegen heute wieder zurück ins Ruhrbistum - wegen des DFB-Pokalfinals heute Abend in Berlin (Anm. d. Red.: Am Samstagabend besiegte Schalke 04 Duisburg mit 5:0), bei dem mit Schalke und Duisburg gleich zwei Mannschaft Ihres Bistums aufeinander treffen?
Overbeck: Ich habe gestern auf dem Flug von Düsseldorf nach Berlin, von wo es weiter nach Lourdes ging, ganz viele Leute aus dem Bistum getroffen, die wegen des Spiels nach Berlin flogen, und habe gesagt: Eigentlich müsste ich ja Samstagabend in Berlin sitzen, was ich auch täte - wenn ich nicht erstens hier wäre und zweitens morgen schon große Gottesdienste in Essen und im Bistum versprochen hätte. Auf der anderen Seite habe ich mich natürlich fein zurückgehalten, ich bin ja Bischof sowohl von Duisburg als auch von Gelsenkirchen/Schalke, und so will ich nicht unter die Räder zweier Vereine geraten. Und sage: Ich bete für beide, möge der gewinnen, der der Bessere ist.
Das Gespräch führte Johannes Schröer.
Franz-Josef Overbeck ist zum ersten Mal als Militärbischof in Lourdes
Nah an den Soldaten und der Gesellschaft
Es war für Franz-Josef Overbeck die nächste Premiere: Als Militärbischof war er zum ersten Mal bei der Soldatenwallfahrt in Lourdes. Im Interview mit domradio.de spricht er über die Rolle der Kirche für die Pilger, das Wallfahren als spirituelle Herausforderung und seine Pflicht zur Neutralität als Ruhrbischof beim DFB-Pokalfinale.
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