Erzbischof Schick über seine Erfahrungen im Nordirak

"Wir brauchen die Christen dort"

Am Wochenende ist der sechstägige Besuch des Vorsitzenden der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Ludwig Schick, und seiner Delegation in den Nordirak zu Ende gegangen. Im domradio.de-Interview spricht der Erzbischof über die Situation vor Ort und Möglichkeiten der Hilfe.

 (DR)

domradio.de: Haben die Christen im Irak inzwischen wieder zur Normalität zurückgefunden, wenn man in diesem Land überhaupt von "normal" sprechen kann?

Erzbischof Schick: Zur Normalität zurückgefunden, dass kann man sicher nicht so sagen. Aber der Irak ist ein sehr großes Land mit unterschiedlichen Regionen. Das muss man, will man die Situation wirklich beurteilen können, ganz deutlich vor Augen haben. In den großen Städten wie Bagdad und Mosul ist die Lage der Christen immer noch schwierig, aber es gibt im Irak auch Gebiete, die eine gute Sicherheitslage haben, dazu gehört der Norden, die Region Kurdistan. Dort können die Christen leben und auch im Frieden sein.



domradio.de: Viele Christen haben seit dem Anschlag das Land verlassen. Sind diejenigen, die zurückbleiben, überhaupt noch dazu in der Lage, das Gemeindeleben aufrecht zu halten?

Erzbischof Schick: Sie sind dabei. Viele sind ja aus dem Süden des Landes in den Norden geflohen, und sie sind jetzt dabei, sich anzusiedeln. Da braucht es auch unsere Hilfe, es sind ganze Dörfer entstanden. Die Regierung der Region Kurdistan hilft den Christen auch, sie wollen, dass sich die Christen ansiedeln und stellen Land zur Verfügung. Aber es fehlt an Arbeitsmöglichkeiten und an Geld um Kirchen und Gemeindesäle zu bauen. Da muss jetzt viel getan werden, damit die Christen ihr Gemeindeleben dort entwickeln können.



domradio.de: Sie haben auf Ihrer Reise auch mit Verantwortlichen aus Kirche und Staat über eine mögliche Hilfe aus Deutschland gesprochen. Zu welchen Ergebnissen sind Sie hier gekommen?

Erzbischof Schick: Wir müssen natürlich unsere Eindrücke, Gespräche und Erfahrungen noch evaluieren und dann erst Entscheidungen treffen. Aber wir sehen jetzt schon mehrere Möglichkeiten und Verpflichtungen: Zum einen die Aufgabe, die Pastoral zu versorgen. Zu helfen, dass Kirchen gebaut werden, dass katechetisches Material vorhanden ist, dass Gemeindesäle da sind, dass die Christen zusammenkommen können, um Identität wieder zu finden. Und wir müssen auch Arbeitsmöglichkeiten mitbeschaffen. Wir haben ja unsere Hilfswerke Caritas und auch Misereor, die zum sozialen Aufbau eines Landes ihren Beitrag leisten. Und wir müssen den Christen dort von hier aus unsere Solidarität zeigen und sie ermuntern: Bleibt im Land und haltet die Schwierigkeiten durch, dieses Land ist urbiblisches Land, wir brauchen die Christen dort.