Experten erwarten langfristigen Rückgang der Kirchensteuer

Nur ein Zwischenhoch

Die beiden großen Kirchen in Deutschland müssen sich langfristig auf sinkende Einnahmen aus der Kirchensteuer einstellen. Nach einem für die kommenden Jahre zu erwartenden Zwischenhoch werden diese Einkünfte spürbar sinken. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft, die am Mittwoch veröffentlicht wurde.

 (DR)

Darin heißt es, im "Idealfall" könnte die Summe 2011 um zwei Prozent über der des Vorjahres liegen. 2012 werde sie wieder die Rekordmarke aus dem Jahr 2008 mit 9,8 Milliarden Euro erreichen oder gar überschreiten. Im Jahr 2010 nahmen die Kirchen in der Bundesrepublik zusammen rund 9,1 Milliarden Euro an Steuern ein. Die Kirchensteuer beträgt je nach Bundesland zwischen 8 und 9 Prozent der Lohn- und Einkommensteuer. Daher kämen die Zuwächse von 30 Prozent, die die Steuerschätzung für 2012 bis 2015 erwarte, auch den Bistümern zugute, so die Studie.



Deren Autor Winfried Fuest prognostiziert, langfristig kämen jedoch beide Kirchen ums Sparen nicht herum. "Der demografische Trend und die Kirchenmüdigkeit dürften viele Gläubige und damit Kirchensteuereinnahmen kosten." Fuest verwies auf eine Faustformel, wonach die Kirchen pro fehlendem Mitglied mit 150 Euro weniger pro Jahr auskommen müssen.



Rückgang um 109 Millionen Euro

Die katholische Kirche nahm mit knapp 4,8 Milliarden Euro laut Institut der deutschen Wirtschaft im Jahr 2010 etwa 109 Millionen Euro weniger ein als im Vorjahr. Dies entspreche einem Rückgang um rund 2,3 Prozent. Die Wirtschaftswissenschaftler berufen sich auf Zahlen des Bistums Münster. Ein Grund für die Einbußen sei der Missbrauchsskandal. Im Zuge dessen hätten im Jahr 2010 rund 180.000 Menschen der katholischen Kirche den Rücken gekehrt - rund 40 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Aufgrund der konjunkturellen Entwicklung könne aber 2012 noch einmal die Fünf-Milliarden-Marke geknackt werden, so das Institut.



Laut Statistik verzeichnen für das Jahr 2010 die Bistümer Speyer, Trier und Mainz mit einem Minus von über 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr die größten Einbrüche. Es folgen die Bistümer Köln und Aachen, die mehr als 10 Prozent an Einbußen hinnehmen mussten. 9 der 27 katholischen Bistümer in Deutschland vergrößerten ihr Aufkommen. Dazu gehören Magdeburg (10,6 Prozent), Hildesheim (9,4 Prozent), Limburg (7,7 Prozent) und Rottenburg-Stuttgart (7,2 Prozent).



In Deutschland ist die Kirchensteuer eine gesetzlich festgelegte Abgabe der Kirchenmitglieder. Sie wird über das staatliche Finanzamt eingezogen und an die Kirchen weitergegeben. Der Staat erhält dafür etwa drei Prozent des Steuereinkommens. Letztlich entrichtet nur knapp ein Drittel der 25,5 Millionen Katholiken in Deutschland Kirchensteuer. Kinder und Jugendliche ohne eigenes Einkommen, alte Menschen mit geringer Rente und Arbeitslose zahlen keine Lohn- und Einkommenssteuer und daher auch keine Kirchensteuer.