Neben seiner Tätigkeit in Film und Fernsehen war Loriot auch für seine satirischen Zeichnungen und Texte bekannt. So erschienen von ihm 114 verschiedene Bände bei seinem Hausverlag Diogenes, die eine Gesamtauflage von mehreren Millionen Exemplaren erreichten.
Wer kennt sie nicht? Den Lottogewinner Erwin Lottemann äh Lindemann, dessen Tochter mit dem Papst eine Boutique in Wuppertal aufmachen möchte. Die Steinlaus, die sogar mit einem streng wissenschaftlichen Artikel im "Psycherembel", dem altehrwürdigen medizinischen Nachschlagewerk, gewürdigt wurde. Die Hausfrau mit Jodeldiplom oder die Sache mit der fatalen Nudel...
Als Bernard Victor Christoph-Carl von Bülow 1923 in Brandenburg an der Havel geboren, wuchs der Sproß eines alten mecklenburgischen Adelsgeschlechts zusammen mit dem jüngeren Bruder bei der Großmutter auf. Die Eltern ließen sich früh scheiden. Später zogen die Brüder mit dem Vater und dessen zweiter Frau nach Stuttgart. Gemäß der Familientradition schlug Vicco von Bülow die Offizierslaufbahn ein und überlebte drei Jahre an der Ostfront.
Wum brachte den Durchbruch
Nach Kriegsende schlug er sich als Holzfäller durch, holte das Abitur nach und studierte von 1947 bis 1949 an der Landeskunstschule in Hamburg Malerei und Grafik. Unter dem Namen Loriot, der französischen Bezeichnung für den Pirol, das Wappentier der Familie, wurden in den fünfziger Jahren seine Zeichnungen in Magazinen wie "Stern", "Weltbild" und "Quick" veröffentlicht. Die Knollennasenmännchen wurden - nebst menschelnden Hunden - zum Markenzeichen des jungen Familienvaters. 1954 erschien sein erster Cartoonband.
Für zwei Kurzauftritte in den Kriegsfilmen, "Die Brücke" (1959) und "Der längste Tag" (1962) schlüpfte von Bülow noch einmal in die Offiziersuniform. Als weit dauerhafter erwies sich sein Engagement fürs Fernsehen. Ab 1967 gestaltete und moderierte er die ARD-Sendung "Cartoon", einen "Streifzug durch den gezeichneten Humor". Richtig populär wurde Loriot mit dem Zeichentrick-Hund Wum, der in der ZDF-Show "Drei mal neun" für die Aktion Sorgenkind warb und ihm mit dem Schlager "Ich wünsch´ mir ´ne kleine Miezekatze" 1972 einen Nr-1-Hit bescherte.
Da Loriot sich nicht nur stimmlich, sondern auch mimisch als ungeheuer wandlungsfähig erwies, machte ihm Radio Bremen ein Angebot: Zwischen 1976 und 1978 entstanden die sechs "Loriot"-Sendungen, die ihn endgültig zur Kultfigur machten. Der halbjährliche Abstand zwischen den Sendungen verrät die Handschrift des selbstkritischen Perfektionisten, der sich eher rar macht. Mit diesem Perfektionismus machte er auch seine Kinofilme "Ödipussi"(1988) und "Pappa ante Portas" (1991), wiederum mit Evelyn Hamann als kongenialer Partnerin, zu raren Kabinettstücken deutscher Kinounterhaltung.
Früher war mehr Lametta
Selten zog es den Liebhaber klassischer Musik auf die Bühne. 1982 dirigierte er als wild um sich fuchtelnder Hausmeister die Berliner Philharmoniker. Mehr oder minder seriös gerieten seine Inszenierungen der Opern "Martha" und "Der Freischütz" sowie seine Erzählfassung von "Karneval der Tiere".
Dass er, der wie kein anderer das Misslingen zwischenmenschlicher Kommunikation, zumal zwischen Mann und Frau, aufs Korn genommen hat, bei den Deutschen so gut ankam, war, wie sein Freund Joachim Kaiser bemerkte, "durchaus auch ein hoffnungspendendes Ereignis". Loriot hat die Deutschen das Lachen gelehrt.
Das mag ihm ein Trost im Alter gewesen sein, das er einmal als Zumutung bezeichnete. Dem er aber auch komische Seiten abgewinnen konnte, man denke nur an Opa Hoppenstedt, dessen Ausspruch "Früher war mehr Lametta" wie manch anderer Loriot-Satz Allgemeingut geworden ist.
Am Montag ist Vicco von Bülow im Alter von 87 Jahren in Ammerland am Starnberger See gestorben.
Zum Tod von Vicco "Loriot" von Bülow
Aber keine Witze über Kirche
Über manches mache er keine Witze, erläuterte Vicco von Bülow einmal. Wie etwa Kirche. Andere Themen dagegen kommentierte er mit leisem Humor, Disziplin und Melancholie. Der als Loriot bekannt gewordene Künstler war ohne Zweifel einer der größten Humoristen Deutschlands.
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