ZdK-Präsident Glück zum Jahrestag der Anschläge vom 11.September

"Es war eine tiefe Zäsur"

ZdK-Präsident Alois Glück mahnt angesichts des zehnten Jahrestages der Terroranschläge vom 11. September einen verstärkten Dialog der Religionen und Kulturen an. Nach einem Jahrzehnt, "das gewissermaßen der Startschuss war für viele kulturelle Konflikte in der Welt", sieht er aber auch positive Veränderungen.

 (DR)

dapd: Herr Glück, wie haben Sie den 11. September 2001 in Erinnerung?

Glück: Ich habe zunächst die Erinnerung, dass ich in einer Sitzung war in der CSU-Landesleitung, in einer Fachausschusssitzung zur Bildung. Plötzlich wurde da berichtet, dass in Amerika Flugzeuge in die Türme geflogen sind. Ich war irritiert, konnte das nicht einordnen und war einigermaßen irritiert dann auch nach Hause gefahren. Das war zunächst eigentlich gar nicht fassbar, es war ein Stück weit unheimlich, und es hat sich erst allmählich herausgestellt, was eigentlich los ist.



dapd: Wie einschneidend war dieser Tag rückblickend?

Glück: Aus heutiger Sicht muss man sagen, es war eine tiefe Zäsur, mit der dann auch die Phase des weltweiten Terrors und aller damit verbundenen Begleiterscheinungen begonnen hat. Es war ein Jahrzehnt, das gewissermaßen der Startschuss war für viele kulturelle Konflikte in der Welt, für Polarisierung durch einen radikalisierten Islam. Ich sehe jetzt viele Anzeichen, dass sich da einiges verändert, nicht zuletzt dadurch, wie jetzt zum Beispiel der Islam in ganz anderer Form erlebt wird durch die Vorgänge im arabischen Raum - so offen die Endergebnisse noch sind.



dapd: Genau am 11. September beginnt in München ein großes Internationales Friedenstreffen der katholischen Gemeinschaft Sant"Egidio, zu der Spitzenpolitiker und Vertreter mehrerer Religionen erwartet werden. Auch Sie sind mit dabei.

Glück: Ich bin von Anfang bis Ende mit dabei. Ich halte das für eine außerordentlich wichtige Aufgabenstellung gerade in diese Zeit hinein. Ich meine, dass wir wieder mehr tun müssen für den Dialog der Religionen und den Dialog der Kulturen. Denn wir erleben gegenwärtig eine rasante Zunahme von Konflikten, deren Quellen unterschiedliche Wertvorstellungen sind und auch unterschiedliche Prägungen durch Kulturen, oft verquickt noch mit sozialen Problemstellungen, mit ethnischen Problemstellungen.



dapd: Woran liegt diese Entwicklung?

Glück: Ich sehe seit einigen Jahren eine weltweite Angst vor Identitätsverlust. Wir erleben da jetzt eine Auswirkung der Globalisierung, die hochgefährlich ist im Hinblick auf die emotionalen Entwicklungen bis in unsere Länder hinein - nehmen Sie mal die ganze Problematik rechtspopulistischer Entwicklungen



dapd: Und Veranstaltungen wie das Münchner Friedenstreffen können da etwas bewirken?

Glück: Ja, sie können etwas bewirken und sind einfach auch ein Beitrag zu einer notwendigen Aufgabe. Ich erhoffe mir, dass wir damit in unseren Kirchen dieser Thematik mehr Gewicht geben.