Unionsfraktion tagt zu Religionsfreiheit

Den Christen beistehen

In der Debatte über Religionsfreiheit warnt der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, vor christlichen Überlegenheitsgefühlen. Der Unions- Bundestagsfraktions-Vorsitzende, Volker Kauder, appelliert an den türkischen Staatspräsidenten Abdullah Gül.

 (DR)

Christen in der Türkei müsste die volle Religionsfreiheit gewährt werden, so wie Muslime in Deutschland Moscheen bauen dürften, müsse es auch Christen in der Türkei gestattet werden, Kirchen zu errichten, sagte Kauder am Montag (19.09.2011) in Berlin bei einem Kongress der Unionsfraktion zum Thema Religionsfreiheit. Gül ist derzeit auf Staatsbesuch in Deutschland.



Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, schloss sich der Aufforderung an. In den vergangenen 100 Jahren sei der Anteil der Christen in der Türkei von 25 Prozent auf 0,2 Prozent gesunken. Das sei das Ergebnis einer Verfolgungs- und Diskriminierungspolitik. "Diese Diskriminierung ist noch nicht beendet", kritisierte Schneider. Christliche Geistliche müssten ihren Beruf in der Türkei frei ausüben können.



In der Türkei herrscht offiziell Religionsfreiheit. Die Kirchen sehen ihre Zukunft aber vor allem durch ein faktisches Verbot der Priesterausbildung gefährdet. Kirchen haben auch keinen gesicherten Rechtsstatus und können daher keine Gebäude erwerben oder bauen.

Ausländische Pfarrer sind in der Regel offiziell als Botschaftsangehörige in der Türkei tätig. Im August beschloss die Türkei allerdings ein Gesetz zur Rückgabe kirchlichen Eigentums.



"Jeder Verfolgte ist einer zu viel"

Grundsätzlich warnte Schneider vor christlichen Überlegenheitsgefühlen. Die Verfolgung von Christen und Gewalt gegen Christen hätten nicht immer religiöse Ursachen. Daher dürfe es keine "verallgemeinernde Empörung über den Islam geben". Es sei fraglich, ob die Verfolgung von Christen weltweit zugenommen habe oder nur die Aufmerksamkeit für das Thema höher geworden sei. Schneider warnte daher vor Superlativen. Letztlich sei es unerheblich, wie viele Menschen bedroht würden. Jeder einzelne sei einer zu viel.



Der Bamberger katholische Erzbischof Ludwig Schick plädierte für mehr Ökumene beim Kampf gegen die Christenverfolgung. In Gegenden wie der indischen Provinz Orissa müssten europäische Kirchen gemeinsam einheimische Christen unterstützen und stärken. Dabei sei es wichtig, der Verfolgung durch den Aufbau von Rechtsstaatlichkeit den Boden zu entziehen. In Deutschland hätten die Christen zudem die Aufgabe, Gemeinden von Menschen zu unterstützen, die in ihrer Heimat religiös verfolgt wurden. Als Beispiel nannte er die chaldäischen Christen aus dem Irak.



Der Präsident der Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden, Peter Kodwo Appiah Kardinal Turkson, bezeichnete die Lage der Christen weltweit als ernst. Täglich werde über lebensbedrohliche Situationen berichtet. In zwei Dritteln aller Länder würden Christen wegen ihrer Religion belästigt oder verfolgt. In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sei festgehalten, dass Religionsfreiheit auch das öffentliche Bekenntnis sowie die Freiheit, die Religion zu wechseln, umfasse. Turkson kritisierte daher auch mit Blick auf Deutschland den Trend, christliche Glaubenssymbole aus der Öffentlichkeit zu verdrängen.



Die Unionsfraktion veranstaltete zum vierten Mal einen Kongress in ihrer Reihe "Das "C" ist für uns Programm". Dieses Mal ging es um das Thema "Religionsfreiheit verteidigen, Christen beistehen". Das Symposium sei auch als Reverenz an Papst Benedikt XVI. zu verstehen, der die Lage der verfolgten Christen auch zu seinem Anliegen gemacht habe, betonte Kauder im Vorfeld.