Auch der Kölner Jesuit Karl Josef Becker wird Kardinal

Der Überraschungskandidat

Er war die große Überraschung unter den 22 neuen Kardinälen, die Papst Benedikt XVI. am Freitag benannte: Der deutsche Jesuit Karl Josef Becker. Den langjährigen römischen Hochschullehrer und Berater der vatikanischen Glaubenskongregation hatte kein Beobachter zuvor auf seiner Liste.

Autor/in:
Thomas Jansen
Pater Karl Josef Becker (KNA)
Pater Karl Josef Becker / ( KNA )

Zusammen mit drei weiteren über 80 Jahre alten Theologen erhält der gebürtige Rheinländer den Kardinalspurpur für seine Verdienste um die Theologie. Becker ist zusammen mit dem Berliner Erzbischof Rainer Maria Woelki einer von zwei Deutschen - und zwei Kölnern, die im Februar in den "kirchlichen Senat" aufgenommen werden. Anders als Woelki wäre der 83-jährige Ordensmann jedoch im Falle einer Papstwahl nicht mehr abstimmungsberechtigt.



Der hoch gewachsene Becker, der kein großes Aufhebens um seine Person macht, zählt zu jenen grauen Eminenzen im Vatikan, die auch ohne klangvolles Amt über Einfluss verfügen. Diesen verdankt der Jesuit neben seiner fachlichen Kompetenz vor allem der besonderen Wertschätzung durch Papst Benedikt XVI. Diese zeigte sich zuletzt, als der Papst ihn im Herbst 2009 als eines von vier Mitgliedern in die Theologengruppe für die Gespräche mit den traditionalistischen Piusbrüdern berief. Für diese heikle Aufgabe empfahl sich Becker als ausgewiesener Fachmann für das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65). Um die Verbindlichkeit der Aussagen dieser Bischofsversammlung etwa zur Religionsfreiheit oder zur Ökumene geht es in den schwierigen Verhandlungen. Zuvor war Becker auch an der Vorbereitung der gemeinsamen Erklärung der katholischen Kirche und des Lutherischen Weltbundes zur Rechtfertigungslehre beteiligt, die im Jahr 1999 in Augsburg verabschiedet wurde.



Prägende Persönlichkeit unter den Professoren

Benedikt XVI. kennt Becker schon seit vielen Jahren. Seit den 80er Jahren hat der Jesuit als Berater der Glaubenskongregation eng mit Kardinal Joseph Ratzinger zusammengearbeitet. Theologisch verbindet beide Vieles: So hebt der deutsche Jesuit in seinen Veröffentlichungen ebenso wie der Papst hervor, dass das Zweite Vatikanische Konzil nicht einfach einen Bruch mit der kirchlichen Tradition darstelle. Es bestehe vielmehr eine grundlegende Kontinuität zu früheren Lehraussagen.



In Rom galt Becker als prägende Persönlichkeit unter den Professoren der berühmtesten Universität der Stadt, der "Gregoriana". Mehr als 30 Jahre lang, von 1969 bis 2003 lehrte er an der von seinem Orden geführten Hochschule das Fach, das auch Joseph Ratzinger einst unterrichtet hatte: Dogmatik, die Lehre von den Glaubenssätzen der Kirche. Vor seiner Lehrtätigkeit in Rom hatte Becker an der Hochschule der Jesuiten in St. Georgen nahe Frankfurt gelehrt. Nach seinem Eintritt in die Gesellschaft Jesu im Jahr 1948 studierte er Theologie und Philosophie. 1958 wurde er in Frankfurt zum Priester geweiht.



Eine Begründung für Kardinalsernennungen gibt es bekanntermaßen nicht. Wer dennoch wissen will, was Benedikt XVI. zu diesem Schritt bewogen haben könnte, dem gibt die Festrede Joseph Ratzingers zum 75. Geburtstag des Jesuiten einen Fingerzeig. Studenten brauchen einen Lehrer, der den Mut zur Wahrheit ohne Schatten habe, sagte Ratzinger damals. Dieser Lehrer dürfe nicht von fortwährendem Zweifel und Ungewissheit befallen sein. Man darf annehmen, dass der heutige Papst damals Karl Josef Becker im Sinne hatte.