Straßburg erhält ersten muslimischen Friedhof Frankreichs

Die Toten begraben, wo sie lebten

In Frankreich gibt es künftig erstmals einen öffentlichen Friedhof ausschließlich für Muslime. Zwar bestehen schon jetzt auf den Gräberfeldern etlicher Kommunen muslimische Abteilungen. Der neue Friedhof in Straßburg, ist aber der erste ausschließlich muslimische Friedhof des Landes.

Autor/in:
Christoph Lennert
 (DR)

Die elsässische Metropole hat Medienberichten zufolge rund 800.000 Euro aufgewendet, um das 1,5 Hektar große Gelände herzurichten, das an einen anderen Friedhof im Süden Straßburgs angrenzt und am Montag eröffnet werden soll. Rund 1.000 Grabstätten finden dort Platz. Vorgesehen ist, das Gelände in einigen Jahren um noch einmal die gleiche Fläche zu erweitern. Am Eingang wurden Gebäude errichtet, um die Trauernden zu empfangen. Auch für die rituelle Waschung des Leichnams durch die Hinterbliebenen, die mit muslimischen Beerdigungsfeiern verbunden ist, wurden die nötigen Einrichtungen geschaffen.



Das Votum des Stadtparlaments zur Errichtung des Friedhofs fiel einstimmig. Für Frankreich ist die neue Gräberstätte dennoch eine Ausnahme. 1881 hatte ein Gesetz den religiösen Charakter von Friedhöfen aufgehoben. Auch das Gesetz über die Trennung von Kirche und Staat von 1905 bekräftigte noch einmal, dass religiöse Symbole zwar auf den einzelnen Grabstätten gestattet sind, ein Friedhof aber weltanschaulich neutral zu sein habe.



Drei bis fünf Millionen Muslime

Zwar gab es auch danach noch einmal einen muslimischen Friedhof. 1934 wurde er nach Angaben der Zeitung "Le Figaro" als private Gräberstätte an einem französisch-muslimischen Krankenhaus im Pariser Vorort Bobigny errichtet. Doch 1971 wurden neue private Friedhöfe untersagt; bestehende durften nicht mehr erweitert werden. Die schlecht unterhaltene Anlage in Bobigny fiel 1996 an die angrenzenden Kommunen.



Erst in den vergangenen Jahren äußerten Muslime verstärkt den Wunsch, eigene Gräberfelder auf Friedhöfen zu erhalten. Muslime stellen mit geschätzten drei bis fünf Millionen Mitgliedern die zweitgrößte Religionsgemeinschaft in Frankreich.



Das Innenministerium rief 2008 die Kommunen auf, nach einem Ausgleich zwischen der Neutralität des Staates einerseits und den Glaubensbedürfnissen der Einzelnen andererseits zu suchen. Das führte zur Einrichtung der muslimischen Gräberfelder auf zahlreichen öffentlichen Friedhöfen. Diese Gräber sind nach Mekka ausgerichtet.



Anders als vom Islam vorgeschrieben, bleibt es in Frankreich aber untersagt, den Leichnam nur in Stoff gehüllt in der Erde zu begraben. Der Sarg bleibt auch für Muslime Pflicht. Auch werden keine unbefristeten Konzessionen erteilt - auch in Straßburg nicht. Die Regeln dort sehen vor, dass die Grabstätten nach 40 Jahren geräumt werden. Die verbliebenen Überreste sollen in ein Beinhaus auf dem Friedhofsgelände gebracht werden.



"Ein Zeichen gelungener Integration"

Dass Straßburg nun einen eigenen Friedhof für Muslime einweihen kann, hängt mit einer Besonderheit im französischen Recht zusammen. Als die Gesetze von 1881 und 1905 über die Neutralität der Friedhöfe verabschiedet wurden, gehörte die Stadt im Elsass zum Deutschen Reich. Dort gilt auch das Konkordat weiter - weshalb etwa Geistliche der anerkannten Religionen vom Staat bezahlt werden und Religionsunterricht Pflicht in den Schulen ist.



Auch in Straßburg gab es bereits sechs Gräberfelder auf öffentlichen Friedhöfen für Verstorbene muslimischen Glaubens. Sie sind inzwischen alle an den Grenzen ihrer Auslastung angelangt. Der Präsident des regionalen elsässischen Muslimrates, Driss Ayachour, sagte der Zeitung "Le Parisien", für ihn sei der neue Friedhof ein Zeichen gelungener Integration. Und auch der Präsident der Großen Moschee von Straßburg, Said Alla, betont, die neue Generation der Muslime wolle nicht länger ihre Verstorbenen Tausende Kilometer entfernt begraben, sondern da, wo sie lebe.