Von belebten Mittagspausen und nachrückenden Generationen

Post aus Regensburg

domradio.de-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen hat sich auf den Weg nach Regensburg gemacht, um die Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe zu begleiten. Hier berichtet er nun täglich von seinen Eindrücken vor und hinter den Kulissen.

Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen / © Boecker
Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen / © Boecker

Am Morgen treffen sich die Deutschen Bischöfe in der Schottenkirche St. Jakob, um sich mit einer Frühmesse auf den zweiten Arbeitstag ihrer Frühjahrskonferenz hier in Regensburg einzustimmen. Beim Betreten des wunderschönen hellen romanischen Kirchenraums dürften sich einige der Bischöfe vielleicht wie "miseri peregrini", arme Fremdlinge, vorkommen. Benediktinische Wandermönche aus Irland waren es, die hier im 11. Jahrhundert ein Bleibe fanden und sich viel Anerkennung bei den Einheimischen verschafften, weil sie in ihrer Christusnachfolge lebenslang auf ihre Heimat verzichteten und in asketischer Klausur lebten. Im schlichten Kirchenraum, besser aber noch im teilweise erhaltenen Kreuzgang können die Bischöfe, die bereits morgen wieder in ihre Heimatbistümer zurückreisen werden, vielleicht diese Klausurerfahrung nachspüren. Zu so früher Morgenstunde haben sich der Hochschulchor der Hochschule für Kirchenmusik und Musikpädagogik nebst den  Scholaren bereits eingesungen. Besser wäre auch heute der Begriff "warmgesungen", denn es ist noch sehr schattigkalt im hellerleuchteten Kirchenraum.



Sprunghaft steigt die Frauenquote

Für die Bischöfe sind die vorderen Sitzreihen großzügig reserviert. Als zum Beginn des Pontifikalamtes unter der Leitung von Kardinal Lehman noch Plätze frei sind, darf das gemeine Kirchenvolk nachrücken, so dass die Frauenquote im vorderen Kirchengebäude sprunghaft ansteigt. Bischof Joachim Wanke freut sich sichtbar über seine neue Sitznachbarin, die er am Ende des Gottesdienstes per Handschlag verabschieden wird. Solche Kontakte zur Basis, zum Kirchenvolk sind aber ehr selten. Die dichte Tagesordnung sieht einen solchen Austausch auch nicht vor, man bleibt streng abgeschirmt bis auf die Gottesdienste unter sich. Wer aber als Bischof auf Leute zugehen kann, der findet auch hier Zeit für den notwendigen Dialog. Überhaupt kann man den wenigen Infobrocken, die man am Rande aufschnappen kann, entnehmen, dass die Tagungspunkte schnell abgehakt werden und man sehr gut im Zeitplan ist. Spannende kontrovers diskutierte Debatten sind bis jetzt ausgeblieben. So nutzen einige wenige Bischöfe ihre Zeit, um sich den Anfragen der Journalisten zu stellen. Bischof Overbeck, Bischof Hanke und Bischof Schick stellen sich bereitwillig den vielen Fragen, die von dem richtigen Verzicht in der Fastenzeit bis zum notwendigen Einsatz der verfolgten Christen in Syrien gehen. Im Pressezentrum, strickt getrennt vom Klausurteil der tagende Bischöfe, tauschen so die akkredetierten Journalisten und kundigen Pressesprecher ihre Informationen aus. Wer, wann und wo Bischof werden könnte oder wer sich als Bischof wie beliebt oder unbeliebt gemacht hat, sind da, wie so oft, die beliebtesten Halbwahrheiten und ausgetauschten Spekulationen. Nur jeweils zur Mittagszeit kommt Leben in die Bude und echte Infos auf den Tisch. Gestern stellte sich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, zusammen mit Pater Hans Langendöfer den Fragen rund um das kirchliche Arbeitsrecht. Hier will man gegenüber dem möglichen Falscheinsatz von Leiharbeitskräften im kirchlichen Dienst klar Kante zeigen und bekennt sich eindeutig zum sogenannten "dritten Weg".



Eine Generation geht

Heute Mittag geht es um das Schwerpunktthema der Tagung - die katholischen Universitäten, die richtige theologische Lehre und den nötigen wissenschaftlichen Nachwuchs. Bereits im Frühgottesdienst hat der langjährige Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, seine Mitbrüder in seiner Predigt auf diese Thematik eingestimmt. Glaube und Verstand gehörten zusammen, könnten  sich gegenseitig stärken und befruchten. In Deutschland habe man nach wie vor eine sehr gute Ausgangssituation und es würden sich auch in Zukunft noch genügend junge Wissenschaftler für ein Theologie-Studium finden. Seine Predigt wirkt, wie so oft, ein wenig dozierend und man spürt dem Professor Dr. Dr. Karl Lehmann deutlich an, dass er hier noch vieles zu sagen hätte, was nicht alles in seine 12 Minuten-Predigt hineinpasst. Er mag sich zwar auf Krücken die Stufen zum Altar hocharbeiten und seine Stimme mag alt und ein wenig wie langgezerrt klingen, doch sein intellektueller, wissenschaftlicher Geist ist frisch und rege wie eh und je und von den Gebrechen und Mühen des Alters unbetroffen. Dennoch spürt man in St. Jakob an diesem Morgen, dass der Bischofskonferenz ein Generationswechsel ins Haus steht. Viele jüngere Bischöfe, die im Kirchenschiff unten Platz genommen haben, schauen jetzt zwar noch hinauf zu ihren großen alten Vorzeige-Kardinälen Lehmann und Meisner, die an diesem Morgen gemeinsam mit dem Ortbischof Müller hinter dem Altar stehen, aber bald schon wird der ein oder andere aus ihren Reihen weiter vorne, weiter oben stehen und um die richtige Christusnachfolge bemüht sein. So wie die "miseri peregrini", die armen Fremdlinge, die schon vor 1000 Jahren hier als arme irische benediktinische Wandermönche die Frohe Botschaft verkündeten.



Mit frohgemuten Grüßen aus dem immer noch grauen Regensburg Ingo Brüggenjürgen