Fonds für Heimkinder will höhere Rentenersatzleistungen

Leichte Startschwierigkeiten

Zwei Monate nach seinem Start hat der Fonds zur Entschädigung ehemaliger Heimkinder mit einigen Anfangsschwierigkeiten zu kämpfen. Jetzt hat der Lenkungsausschuss des Fonds Verbesserungen zugunsten der Betroffenen beschlossen.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Ehemalige Heimkinder aus Westdeutschland, die in den Nachkriegsjahrzehnten ohne Lohn in Industrie und Landwirtschaft gearbeitet haben, erhalten eine höhere Rentenersatzleistung als ursprünglich geplant. Die Höhe der Einmalzahlung werde einheitlich auf 300 Euro je Monat geleisteter Arbeit festgelegt, teilte der "Fonds Heimerziehung West" auf seiner Homepage mit. Zuvor waren gestaffelte Zahlungen zwischen 170 und 300 Euro diskutiert worden.



Auch eine weitere Regelung, die bei Betroffenen für Empörung gesorgt hatte, soll geändert werden: Ursprünglich war geplant, dass ehemalige Heimkinder mit dem Antrag auf Entschädigung eine Verzichtserklärung unterschreiben, mit der sie bekunden, dass alle Forderungen abgegolten sind. Diese Erklärung muss laut Internetseite jetzt nur noch unter Vorbehalt abgegeben werden. Geplant ist eine "grundsätzliche Überarbeitung zum nächstmöglichen Zeitpunkt".



Seit Beginn des Jahres können ehemalige Heimkinder Anträge auf Hilfen stellen. Dazu wurden bundesweit 66 Anlauf- und Beratungsstellen eingerichtet, die bis Ende 2014 Anträge entgegennehmen. Zur Verfügung steht ein vom Bundestag beschlossener Fonds von 120 Millionen Euro, der zu je einem Drittel vom Bund, den Ländern und den Kirchen finanziert wird. Rund 20 Millionen Euro sind für Rentenersatzleistungen vorgesehen, 100 Millionen sollen zur Minderung von Folgeschäden eingesetzt werden, etwa für Therapien.

Der Runde Tisch Heimkinder rechnet mit 30.000 Anspruchsberechtigten.



1.136 Erstgespräche

Die katholischen Bischöfe hatten vergangene Woche bilanziert, dass der Fonds bislang "überwiegend gut angenommen wird". In den Anlaufstellen hätten im Januar insgesamt 1.136 Erstgespräche stattgefunden. "Es sind aber auch Startschwierigkeiten deutlich geworden", erklärte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch. Nach Einschätzung von Experten tun sich einige Anlaufstellen noch schwer, angemessen auf die Anliegen ehemaliger Heimkinder einzugehen.



Fest steht allerdings auch, dass manche Heimkinder den Fonds grundsätzlich ablehnen. Sie sprechen von einer "billigen Abspeisung" und fordern monatliche Rentenleistungen oder eine Einmalzahlung von 50.000 Euro. Rund 400 ehemalige Heimkinder hatten im Januar angekündigt, vor Gericht zu ziehen - bis hin zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.



Darüber hinaus wird das Thema Heimerziehung Politik und Kirchen noch länger beschäftigen. Noch offen ist die Frage der Hilfen für Betroffene aus Säuglings-, Kinder- und Jugendheimen sowie Jugendwerkhöfen der DDR. Bis zum Sommer soll eine vergleichbare Lösung getroffen werden, die von Bund und Ländern getragen wird. Bislang völlig ausgeklammert wurden Kinder und Jugendliche, die in Heimen der Behindertenhilfe, darunter auch viele kirchliche, Schädigungen erlitten haben. Studien über das Ausmaß laufen. Wissenschaftler der Theologischen Fakultäten der Universität Bochum weisen darauf hin, dass bis in die 60er Jahre verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche von Fürsorgern oder Heimen, die mit ihrer Erziehung überfordert waren, mit der Diagnose "Schwachsinn" in solche Einrichtungen abgeschoben worden seien. Auch sie hätten vielfach unter großer Strenge, körperlichen Züchtigungen und harter Arbeit gelitten.



Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe, hatte kürzlich erklärt, es wäre "absolut inakzeptabel", wenn diesen Betroffenen Unterstützung versagt werde, nur weil sie in einer Einrichtung der Behindertenhilfe waren. Auch die katholischen Bischöfe sprachen sich bei ihrer Frühjahrsvollversammlung vergangene Woche dafür aus, diesen Heimkindern vergleichbare Entschädigungsangebote zu unterbreiten. Denkbar ist Experten zufolge eine Anbindung an den Heimkinderfonds West - möglicherweise auch mit zusätzlichen Geldern.