Ringen um den Dialog im Bistum Augsburg

Es brodelt weiter

Nachdem Gläubige in mehr als 150 Gemeinden im Bistum Augsburg vor Wochen an einem Sonntag demonstrativ ihre Kirche umarmt hatten, trafen sich am Samstagmittag 2.500 Katholiken aus allen Ecken des Bistums zu einer Kundgebung vor dem Augsburger Dom. Dessen Türen waren versperrt. Wegen Reinigungsarbeiten, hieß es offiziell. Das Volk Gottes vor verschlossener Kirchentür - Symbol einer Eskalation?

Autor/in:
Christoph Renzikowski
 (DR)

Möglicherweise war es nur ein Missverständnis, aber in der aufgeheizten Atmosphäre einer Protestversammlung sorgte die Nachricht für zusätzlichen Unmut. Der richtet sich vor allem gegen den vor nicht einmal zwei Jahren aus Görlitz nach Augsburg gekommenen Bischof Konrad Zdarsa. Ihm werden einsame Entscheidungen angelastet, mit denen er das Bistum umkrempeln wolle. Zdarsa wiederum fühlt sich nachhaltig unverstanden in seinen Anliegen, etwa wenn er von einer notwendigen Vertiefung der sakramentalen Grundlagen kirchlichen Lebens spricht. Gegenüber selbstbewusst auftretenden Laien fremdelt der Bischof, den Vorwurf der Dialogverweigerung weist er empört von sich.



Das klingt nach einer recht verfahrenen Lage. Trotzdem wurden am Wochenende in Augsburg auch zarte Pflänzchen einer sich langsam entwickelnden Gesprächskultur sichtbar. Den Organisatoren der Kundgebung hatte der Bischof abgesagt, aber der Vollversammlung des Diözesanrats stellte er sich am Freitagabend etwa zwei Stunden zum Gespräch. Danach waren nicht einfach alle im Raum stehenden Fragen beantwortet, mehrere Teilnehmer würdigten aber im Anschluss eine deutlich verbesserte Atmosphäre gegenüber dem vorausgegangenen Zusammentreffen Mitte März. Der Bischof bedankte sich sogar ausdrücklich für den einen oder anderen Rat.



Nicht nur Außenstehenden ist freilich unklar, welche Vorhaben des Bischofs im Detail bereits festgeklopft sind und wo es noch Spielraum gibt. Dabei fällt auf, dass Zdarsa den Begriff "Pfarrgemeinderat" konsequent meidet. Dadurch fühlen sich viele vor den Kopf gestoßen, die in den vergangenen 40 Jahren in diesen Gremien, gewählt von ihren Mitgläubigen, lebendige Gemeindearbeit in ihrer Freizeit mitgestaltet haben.



Wichtiger als Bezeichnungen dürften indes Kompetenzen sein. Und hier sehen erfahrene Diözesanräte wie der Augsburger Landgerichtspräsident Herbert Veh Bewegung nach mehreren vertraulichen Gesprächen mit der Bistumsleitung. So scheint inzwischen klar zu sein, dass das Prinzip der Wahl auch künftig in den Räten zur Anwendung kommen soll. Nach einer von ihm in früheren Jahren mitbetriebenen Satzungsänderung gibt es im Bistum Augsburg nur noch geborene und gewählte Ratsmitglieder. Das gilt auch für Nachberufungen, über die sich die Gremien mit dem Pfarrer im Konsens verständigen.



Welcher Stil der Auseinandersetzung zuträglich ist, darüber gehen indes die Meinungen weiter auseinander. Eine Kundgebung vor dem Dom sei dem Dialog nicht förderlich, beschied der Bischof den Organisatoren. Der Diözesanratsvorsitzende Helmut Mangold distanzierte sich ebenfalls von der Versammlung und beschwor seine Mitstreiter im Rat, nicht daran teilzunehmen. Dies wäre sonst nämlich illoyal.



Veh, ein bayerischer Verfassungsrichter, und vielleicht zehn weitere Diözesanräte, ließen sich davon nicht abhalten. "Ich hoffe, dass auch Ihre Initiative etwas in Gang setzen kann", rief er den ihre Banner und Spruchbänder schwenkenden Kundgebungsteilnehmern zu.



Die Regensburger Kirchenrechtlerin Sabine Demel beschwor als Hauptrednerin der Demonstration unter lautem Beifall den Bischof, mit dem Dialog endlich ernst zu machen. Dieser sei im Übrigen weniger eine Methode als eine Haltung. Genau das hatte Zdarsa am Vorabend im Diözesanrat auch gesagt. Aber gemeint hatten sie wohl nicht dasselbe.