Bernhard Vogel erinnert an Würzburger Synode

Von Höhepunkten und Tiefpunkten

Im Würzburger Dom wurde am Wochenende der Synode in der Bischofsstadt in der ersten Hälfte der 1970er Jahre gedacht. Mit dabei: Bernhard Vogel. Der CDU-Politiker sprach als Zeitzeuge. Er war damals Präsident des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken.

Autor/in:
Christian Wölfel
 (DR)

"Ich hoffe, dass bei der Neutünchung der Wände nicht zugetüncht wird, was die alten Wände gehört haben." Bernhard Vogel steht im Altarraum des Würzburger Kiliansdoms. Das Hauptschiff hinter dem 79-Jährigen ist ein schwarzes Loch, in dem sich ein riesiges Gerüst auftürmt - der Dom wird gerade innen restauriert. "Hier habe ich Höhepunkte, Tiefpunkte, Streit und Versöhnung, aber vor allem Hoffnung erlebt", sagt Vogel.



Vogel war Präsident des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken (ZdK), als die westdeutschen Bistümer von 1971 bis 1975 in diesem Dom die Würzburger Synode abhielten. "Baustelle Kirche" heißt das Thema der Tagung der Akademie Domschule an diesem Samstag. Eigentlich ist die Kathedrale wegen der Handwerker bis zum 1. Advent für die Öffentlichkeit geschlossen. Doch jetzt geht es um die Erinnerung an jenes Treffen von 58 Bischöfen, 88 Priestern, 30 Ordensleuten und 150 Laien, das die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 bis 1965) "eindeutschen" sollte.



Ungewöhnliche Zusammensetzung

Die Zuhörer sitzen im Chorgestühl, das zuvor mehr oder weniger vom Baustaub befreit wurde; auf dem Marmorboden sind noch Schlieren zu sehen, die Heiligen an der Wand dagegen strahlen schon im neuen Anstrich. "Die Würzburger Synode war kein Betriebsunfall, wie manche auch heute noch meinen. Sie war eine Sternstunde der Kirche in Deutschland", so Vogel, der früher Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Thüringen war.



Die Zusammensetzung aus Laien, Priestern, Bischöfen und Ordensleuten sei ungewöhnlich gewesen, doch "binnen weniger Tage" kam für diesen Vorschlag die Zustimmung aus Rom, wie sich der ehemalige ZdK-Präsident erinnert. Die Voten der Synode dagegen seien auch heute von Rom weitgehend unbeantwortet geblieben. "Das macht man nicht - 40 Jahre nicht antworten." Es sei an der Zeit, hier nachzuhaken. Denn die Themen von damals seien immer noch aktuell.



In Vergessenheit? Nicht für Vogel

Vogel erinnert an die von der Synode heftig diskutierte Priesterweihe verheirateter Männer. Es sei für ihn eine große Enttäuschung gewesen, dass eine Beschlussfassung dazu "von der Bischofskonferenz verhindert wurde". Man habe keine falschen Hoffnungen wecken wollen. Die Synode habe aber immerhin beschlossen, dass die Zulassungsbedingungen zum Priesteramt dann überdacht werden müssten, "wenn die Heilssorge der Kirche schwerwiegend gefährdet ist". Nach 40 Jahren stelle sich die Frage neu, "ob es eine solche Notsituation nicht tatsächlich gibt".



Dass die Synode heute fast schon in Vergessenheit geraten sei und ihre Bedeutung verloren habe, wollte Vogel so nicht stehen lassen. Bei allen großen Ereignissen trete erst einmal eine Erschöpfung ein. Auch die Annahme, die Beschlüsse seien durch das 1983 in Kraft getretene neue Kirchenrecht längst hinfällig, wies der ehemalige ZdK-Präsident zurück. Durch die Bestätigung der Satzung und des Statuts sei die Synode durch Rom anerkannt gewesen. Und die Deutsche Bischofskonferenz habe beschlossen, sich an die Synode zu halten. "Das gilt immer noch heute."



Es sei an der Zeit, sich wieder mit Konzil und Synode auseinanderzusetzen - gerade im Zusammenhang mit dem Dialogprozess, sagte Vogel. Hier liege die gemeinsame Grundlage. "Ohne Rückbesinnung kann ein Aufbruch nicht gelingen." Alle müssten zum Dialog im gegenseitigen Respekt bereit sein. "Vertiefung des Glaubens oder Strukturreform sind keine Alternativen."



Den Dialog gleich in eine zweite Synode münden zu lassen, hält der ehemalige ZdK-Präsident für verfrüht. Dafür fehlten in der gegenwärtigen innerkirchlichen Situation alle Voraussetzungen. "Die deutschen Katholiken sind nicht synodenfähig - noch nicht wieder."