100-jähriges Bestehen der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft

Lebensretter mit Schwimm-Lizenz

Eine Tragödie wurde zur Geburtsstunde der größten Wasserrettungsorganisation der Welt. Am 28. Juli wird im vorpommerschen Ostseebad Binz auf der Insel Rügen an die 100 Jahre alten Wurzeln der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) erinnert.

Autor/in:
Anne-Dorle Hoffgaard
 (DR)

Der 28. Juli 1912 war ein Bilderbuchsonntag: heiß und sonnig. Beste Voraussetzungen, um Schiffe anzuschauen. Auf der Binzer Seebrücke hielten sich gegen 19 Uhr etwa 1.000 Menschen auf. Sie warteten auf einen Bäderdampfer oder beobachteten die auf Reede liegenden Kriegsschiffe der kaiserlichen Marine.



Aber ein Teil der Brücke hielt dem großen Gewicht beim Anlegen des Dampfers nicht mehr stand. Ein Stützbalken brach. 60 bis 80 Menschen stürzten in die sechs Meter tiefe Ostsee und kämpften verzweifelt um ihr Leben. Zwar konnten einige wagemutige Helfer, Offiziere und Matrosen der Kriegsschiffe unter eigener Lebensgefahr viele vor dem Tod retten. Doch 16 Menschen - zehn Frauen, vier Männer und zwei Kinder - starben an den Folgen des Unglücks.



Die meisten der 1.000 Seebrücken-Besucher konnten dem Todeskampf der Verunglückten nur tatenlos zusehen. "Es blieb die Erkenntnis, dass kaum jemand in der Lage war, Ertrinkende zu retten", erinnert die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) an das Unglück. Denn nur zwei bis drei Prozent der damaligen Bevölkerung konnten überhaupt schwimmen. Die Tragödie von Binz, über die wochenlang in den Medien berichtet wurde, wurde so zum Auslöser für die DLRG-Gründung am 19. Oktober 1913 in Leipzig.



Gedenken in Binz

Mit einer großen Freiluftveranstaltung an der Binzer Kurpromenade soll nun am 28. Juli an die damaligen Ereignisse und ihre Folgen erinnert werden. Der Tag in Binz ist der Auftakt für ein Jubiläumsjahr. Im Kölner Olympia- und Sportmuseum wird im Frühjahr

2013 eine neue DLRG-Schau eröffnet, die danach als Wanderausstellung in verschiedenen Museen gezeigt werden soll. Im Juni 2013 soll eine Gedenktafel am Ort der Gründungsversammlung in Leipzig eingeweiht werden. Die DLRG-Bundestagung wird am 17. und 18. Oktober 2013 in Berlin stattfinden. Am 19. Oktober sollen eine Festveranstaltung und Ausstellung am Reichstagsgebäude in Berlin folgen.



Mit über 1,1 Millionen Mitgliedern und Förderern ist die DLRG nach eigenen Angaben heute die größte Wasserrettungsorganisation der Welt. Zu ihren Kernaufgaben gehört es, Menschen vor dem Ertrinken zu bewahren, ihnen das Schwimmen beizubringen, Rettungsschwimmer auszubilden sowie über die Gefahren aufzuklären, die es im und am Wasser gibt. Auch gesundheitsfördernde Angebote wie Wassergymnastik und Aquafitness werden unterbreitet.



Deutschlandweit gibt es 18 DLRG-Landesverbände und 1.800 Ortsgruppen. Zwischen 40.000 und 60.000 Rettungsschwimmer setzt die DLRG jährlich ein. Sie retteten im vergangenen Jahr 457 Leben. Im selben Jahr ertranken in Deutschland 410 Menschen. 50 Jahre zuvor, im Jahr 1961, wurden 2.065 Lebensrettungen, aber auch 1.431 Ertrunkene registriert.



Auch wenn die Zahl der Todesfälle deutlich sinkt und mittlerweile acht von zehn Menschen in Deutschland schwimmen können, ist die Lebensrettungsgesellschaft nicht zufrieden. Sorgen bereite vor allem, dass die Schwimmfähigkeit der heutigen Schüler abnimmt, Schwimmbäder geschlossen werden und die Bedeutung des Schulschwimmunterrichts sinkt. Mehr als jede fünfte Grundschule habe keinen Zugang mehr zu einem Schwimmbad. Deswegen sei es beispielsweise wichtig, Schwimmbäder zu erhalten, zu modernisieren oder neu zu bauen und die Badestellen im Binnenland durch Wasserrettungsdienste sicherer zu machen.