Ein betroffener Pfarrer über die Gründe von Vandalismus

Die geköpfte Pietà

Beschmutzte Weihwasserbecken, zerstörte Kirchenfenster. Der Vandalismus in Kirchen scheint immer mehr zuzunehmen. In Wipperfürth im Erzbistum Köln gab es jetzt einen weiteren Fall. In der Kirche St. Anna im Kirchdorf Thier wurde der Kopf einer Pietà von Unbekannten abgeschlagen. Pfarrer Thomas Jablonka über die Hintergründe.

 (DR)

domradio.de: Wie haben Sie reagiert auf die Nachricht?

Pfarrer Jablokna: Zunächst war ich einfach ungläubig, ich konnte gar nicht nachvollziehen, was da passiert sein sollte. St. Anna liegt im Wipperfürther Kirchdorf Thier, das ist eigentlich eine so ländliche und ruhige Gegend, dass man mit solchen Dingen nicht rechnet.



domradio.de: Kommt so etwas denn häufiger vor?

Pfarrer Jablokna: In unserer Pfarrkirche St. Nikolaus mitten in Wipperfürth müssen wir schon seit Jahren immer wieder beklagen, dass wir dem Vandalismus ausgesetzt sind. Das sind dann so Sachen wie eingeschlagene Kirchenfenster oder umgekippte Statuen. Dinge schwimmen im Weihwasserbecken, so etwas haben wir alles schon erlebt. Das sind so die klassischen Dinge, mit denen Innenstadtkirchen leider zu tun haben. Aber in Thier hat es ja noch eine andere Dimension, dieser Pietà der der Kopf abgeschlagen worden und sie steht auch nicht direkt am Weg! Da muss also jemand ganz gezielt hingegangen sein und diesen Kopf abgeschlagen haben …



domradio.de: Wer tut den so etwas?

Pfarrer Jablokna: Das ist für mich völlig unverständlich! Vandalismus wie wir ihn normalerwiese kennen ist vielleicht Ursache von Langeweile, Übermut oder Alkoholgenuss. Manchmal vielleicht haben die Täter auch etwas gegen die Kirche. Aber speziell da in Thier habe ich keinerlei Erklärung.



domradio.de: Ist man als Pfarrei eigentlich gegen Vandalismus versichert?

Pfarrer Jablokna: Ab einer bestimmten Schadenssumme ja, wohl ab 5.000 Euro. Aber in Regel liegen die einzelnen Schäden ja geringer, die summieren sich dann aber über die Zeit hin. Und auch jetzt wird wohl die Schadenssumme darunter liegen, obwohl es eine hochwertig gearbeitete Marmorfigur ist. Aber unser hiesiger Steinmetz hat mir schon versichert, dass er das wieder gut in Ordnung bekommen kann. Meine Hoffnung ist, dass die Reparatur möglichst schnell vonstattengeht und man möglichst wenig von dem Schaden erkennen kann.



domradio.de: Was glauben Sie, warum der Respekt gegenüber Kirchengegenständen so abgenommen hat?

Pfarrer Jablokna: Ich würde es jetzt hier in Wipperfürth nicht als Phänomen sehen, dass speziell mit der Kirche zu tun hat. Vandalismus gibt es auch an den Privathäusern rund um die Kirche hier. Es fällt nur auf, dass in letzter Zeit solche Dinge gehäuft auftreten, dass öfters in Kirchen Unsinn gemacht wird. Das liegt auch daran, dass bei vielen Kindern und Jugendlichen ein Wissen fehlt, die haben von der Kirche keine Ahnung, sie erleben auch nicht, dass Kirchengebäude etwas Besonderes sind. Wenn Sie z.B. Kindern von klein auf vermitteln, dass eine Kirche ein heiliger Ort ist, der Respekt verdient, dann wird das auch nachvollzogen. Aber wir haben hier oft mit jungen Erwachsenen zu tun, die diese Sozialisation nicht haben.



domradio.de: Was kann man als Kirchengemeinde dagegen tun?

Pfarrer Jablokna: Das Beste ist, wenn die Kirche immer voll ist: Jeder Beter, der in der Kirche ist, verhindert, dass da Unsinn getrieben wird. Wenn wir unsere Kirchen offen stehen lassen wollen, dann brauchen wir wirklich Menschen, die diese Kirchen bevölkern, die diese Kirchen zum Gebet nutzen. In einer Kirche, in der gebetet wird, ist die Wahrscheinlichkeit weitaus geringer, dass Unsinn getrieben wird.



Das Interview führte Anna Kohn.