Brückenbauer Nossol ist 80 Jahre alt

Mann der Aussöhnung

Sich zurückzulehnen und den Dingen ihren Lauf zu lassen - das ist nicht Sache von Erzbischof Alfons Nossol. Der engagierte Erzbischof, der zu den Protagonisten der deutsch-polnischen Aussöhnung gehört, feierte am Mittwoch seinenen 80. Geburtstag. Das katholische Osteuropa-Hilfswerk Renovabis würdigte den Jubilar und dankte ihm für seinen unermüdlichen Einsatz.

Autor/in:
Inga Kilian
Erzbischof Alfons Nossol (KNA)
Erzbischof Alfons Nossol / ( KNA )

Nossols Wirken sei zu verdanken, wenn heute junge Deutsche und Polen das Verhältnis ihrer Länder für gut und nachbarschaftlich halten, hebt Pater Stefan Dartmann SJ, Renovabis Hauptgeschäftsführer , hervor. Viele Jahrzehnte habe sich der Erzbischof für den Dialog zwischen Ost und West eingesetzt.

Der ehemalige Oberhirte von Oppeln ist nunmehr seit drei Jahren in Pension. Doch wer glaubt, dass er nun bei gutem Essen und Wein gemütlich seinen Lebensabend beginge, liegt falsch. "Ich muss mich offen dazu bekennen: Mein Ruhestand ist ziemlich unruhig", sagt Nossol und schmunzelt. "Aber das ist auch gut, wenn man auf Trab gehalten wird".



Deutschsprachiger Gottesdienst trotz Vorbehalte

Über Jahrzehnte wirkte der gebürtige Oberschlesier als Brückenbauer zwischen Polen und Deutschland sowie als Mittler zwischen den Konfessionen. Nach seiner Ernennung zum Bischof der schlesischen Diözese Opole (Oppeln) 1977 trat Nossol vehement für Versöhnung ein. Bereits 1980 ermöglichte er dem damaligen Augsburger Bischof Josef Stimpfle die erste deutsche Predigt seit dem Zweiten Weltkrieg auf dem oberschlesischen Annaberg. Im Juni 1989 zelebrierte er dort trotz polnischer Vorbehalte selbst einen deutschsprachigen Gottesdienst und führte deutschsprachige Feiern in seiner Diözese ein.



Im November 1989 nahmen auf Initiative Nossols der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) und der polnische Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki an einem von Nossol gefeierten Versöhnungsgottesdienst in Kreisau teil. Dort hatte sich der zivile Widerstand gegen Hitler um den Grafen Helmuth James Graf Moltke mehrfach getroffen.



Papst Johannes Paul II würdigte Nossol

Nossol, am 8. August 1932 in Brodschütz (heute Brozec) geboren und 1957 zum Priester geweiht, war in der Polnischen Bischofskonferenz Vorsitzender der Ökumenekommission. Im Vatikan gehört er dem für Ökumene-Fragen zuständigen Einheitsrat an. Für sein Wirken erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, darunter 1997 den Augsburger Friedenspreis, 2005 den Deutsch-Polnischen Preis und 2010 den Klaus-Hemmerle-Preis. 2009 ehrte Bundespräsident Horst Köhler Nossol für seine Verdienste um die Aussöhnung zwischen Deutschland und Polen mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern. Neben der deutsch-polnischen Aussöhnung habe sich Nossol auch um den Dialog zwischen den Konfessionen und die Zukunft Europas verdient gemacht, so Köhler. Bereits 1999 verlieh ihm Papst Johannes Paul II. für seine Verdienste den persönlichen Titel eines Erzbischofs.



Nicht nur auf kirchlicher Ebene, auch bei den Menschen seiner Diözese und in ganz Polen erfreut sich Nossol, der ein Mann klarer Worte ist, großer Beliebtheit. 2001 wählten die Leser der Tageszeitung "Gazeta Wyborcza" ihn zum "Oppelner des Jahrhunderts".



Nossol will "etliche Bücher" schreiben

Im Sommer 2009 trat Nossol im Alter von 77 Jahren in den Ruhestand. Mit 32 Amtsjahren war er zu diesem Zeitpunkt der dienstälteste Diözesanbischof Polens. Bereits mit Erreichen der Altersgrenze von 75 Jahren hatte er dem Papst gemäß dem Kirchenrecht seinen Rücktritt angeboten; doch Benedikt XVI. bat ihn, noch zwei weitere Jahre im Amt zu bleiben. Das tat er - wenn auch, wie er selbst sagt, "nicht allzu freudvoll". Zu viele andere Pläne hatte er in der Hinterhand, "etliche Bücher" wollte er noch schreiben. Die Zeit dafür nimmt er sich nun.



Und noch ein Hobby pflegt der Oppelner Altbischof im Unruhestand: das Kneippen. Im nahe gelegenen Wallfahrtsort Groß Stein entstand 2005 auf seine Initiative das Kneipp-Sanatorium "Sebastianeum Silesiacum" - das "schlesische Sebastianeum". Anregungen und Tipps für den Bau holte sich Nossol im 1891 von Pfarrer Sebastian Kneipp gegründeten Sebastianeum in Bad Wörishofen im Allgäu, wo er mehrfach die Urlaubsvertretung des Hauskaplans übernahm. Von der kneippschen Idee der ganzheitlichen Gesundheitsfürsorge, die Körper, Geist und Seele in Einklang bringt, ist Nossol mehr als überzeugt: "Ich muss nicht daran glauben - ich hab" es selbst an meinen eigenen Knochen erfahren".