Kirchen verurteilen Angriff auf Rabbiner in Berlin

"Abscheulicher Angriff"

Ein Überfall auf den jüdischen Rabbiner Daniel Alter hat in Berlin Entsetzen ausgelöst. Berlins Kardinal Woelki verurteilte die Tat umgehend. Für Antisemitismus sei in unserer Gesellschaft kein Platz, so Woelki. Wer Menschen schlage, verletze und einschüchtere, könne sich damit nicht auf Gott berufen, sagte der Kardinal gegenüber der Bild-Zeitung. Ähnlich äußerten sich Bürgermeister und weitere Kirchenvertreter.

 (DR)

Der Berliner evangelische Bischof Markus Dröge sagte, mit antisemitischen Überfällen dürfe sich Deutschland nicht abfinden. "Lebendige jüdische Gemeinden gehören in unser Land und dazu gehört auch, dass Menschen die Zeichen ihres Glaubens in der Öffentlichkeit gefahrlos tragen können", so Dröge.



Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit sprach am Mittwoch von einem "feigen" Angriff. "Es ist eine Attacke auf das friedliche Zusammenleben aller Menschen in unserer Stadt", erklärte Wowereit.



Der Präsident des Zentralrates der Juden, Dieter Graumann, erklärte, der "abscheuliche Angriff" mitten in der Hauptstadt habe ihn entsetzt und schockiert. Es handele sich dabei nicht nur um einen bösartigen Angriff auf das Judentum in Deutschland. "Es ist ein Angriff auf uns alle, auf unsere gemeinsamen Werte von Toleranz und von Liberalität", sagte Graumann der Wochenzeitung "Jüdische Allgemeine". Graumann ergänzte, die Juden würden sich durch den Überfall nicht einschüchtern lassen, sondern weiterhin eine "jüdische Zukunft hierzulande entschlossen aufbauen".



Auch der Europäische Jüdische Kongress (EJC) hat den Angriff auf einen jüdischen Mann und dessen sechsjährige Tochter in Berlin verurteilt. Europas Politiker müssten sich zu solchen Ausschreitungen klarer positionieren, forderte EJC-Präsident Mosche Kantor am Mittwoch in Paris. Nach dem tödlichen Angriff auf drei jüdische Kinder und einen Mann im März in Toulouse sei das Leben in Europa weitergegangen, als sei nichts passiert. Das vergrößere den Schmerz der jüdischen Gemeinschaft.



Kantor sagte weiter, die religiösen Führer Europas müssten sich stärker gemeinsam gegen Gewalt einsetzen. Von dem religiösen Gipfeltreffen in der kommenden Woche in Paris erhoffe er sich ein solches Signal, das vor allem für Jugendliche richtungsweisend sein könne. Am 4. und 5. September treffen sich in Paris 80 muslimische und jüdische Religionsvertreter aus 18 Nationen, darunter aus Deutschland, Italien, Großbritannien und den Niederlanden. Sie wollen über die Beziehungen zwischen der jüdischen und der muslimischen Gemeinschaft sprechen.



Kein Einzelfall

Rabbi Alter war am Vorabend im Stadtteil Schöneberg zusammen mit seiner Tochter von vier mutmaßlich arabischen Jugendlichen beleidigt und geschlagen worden. Der Rabbiner erlitt dabei schwere Kopfverletzungen und musste stationär im Krankenhaus behandelt werden. Er soll eine traditionelle jüdische Kopfbedeckung, eine Kippa, getragen haben. Der Staatsschutz hat Ermittlungen aufgenommen.



Nach Angaben des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus handelt es bei dem Opfer um den ersten Rabbiner, der nach dem Holocaust in Deutschland ordiniert wurden. Er sei schon früher auf offener Straße antisemitisch beleidigt worden.



Wie die Polizei mitteilte, fragten die Täter ihr Opfer zunächst, ob er Jude sei. Daraufhin hätten diese ihn, seinen Glauben und seine Mutter beleidigt sowie die Tötung der sechsjährigen Tochter angedroht. Die Jugendlichen konnten unerkannt entkommen.