ZdK-Präsident Alois Glück zum zweiten Dialogforum in Hannover

"Wichtige Kursbestimmung für die katholische Kirche"

Mehr als 300 Männer und Frauen haben sich am Freitag und Samstag in Hannover mit der Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland befasst. Beim zweiten Treffen innerhalb des mehrjährigen Dialogprozesses stand "Die Zivilisation der Liebe - unsere Verantwortung in der freien Gesellschaft" auf dem Programm; zu den beherrschenden Themen in den Debatten gehörten die Beteiligung von Frauen in der Kirche und der Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen. Alois Glück, der Präsident des Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), zieht Bilanz.

 (DR)

KNA: Herr Glück, wo hat sich der Dialogprozess von Mannheim 2011 nach Hannover 2012 weiterentwickelt?

Glück: Vor allem in der Offenheit im Gespräch und bei den Konkretisierungen in vielen Bereichen. Viele dieser Themen, über die jetzt offen gerungen wird, waren vor eineinhalb Jahren noch völlig tabuisiert. Allein was an Positionsbeschreibungen von Bischof Bode und Bischof Overbeck zum Thema wiederverheiratete Geschiedene und Beteiligung von Frauen gekommen ist, wäre vor Mannheim nicht möglich gewesen. Daran sieht man, wie viel seitdem in Bewegung gekommen ist.



KNA: Die Bischöfe haben angekündigt, sich mit den Themen wiederverheiratete Geschiedene und Beteiligung von Frauen in der Kirche noch stärker zu befassen. Wie sehen Sie das?

Glück: Ich erwarte, dass damit wiederverheirateten Geschiedenen neue Wege geöffnet werden. Wenn es dazu nicht käme, dann käme es zu einer tiefen Enttäuschung und zu einer Abwendung vieler Menschen von der Kirche. Und dass die Bischöfe jetzt sagen, wir brauchen einen Frauenförderplan, wäre vor zwei Jahren noch nicht denkbar gewesen.



KNA: Was ist für Sie das wichtigste Ergebnis des Dialogtreffens?

Glück: Das wichtigste Ergebnis ist schon allein, dass die Bischöfe in diesem Kreis eine Selbstverpflichtung eingegangen sind in Zusammenhang mit diesen Themen, und dass Transparenz zugesagt worden ist. Ein Zurück ist daher nicht mehr möglich. Es ist aber auch gut, dass Selbstverpflichtungen eingegangen wurden von den verschiedenen Gruppierungen, denn mir ist es auch immer zu wenig, wenn nur eine Fixierung auf die Bischöfe da ist. Es gibt Bereiche, wo nur die Bischöfe entscheiden und verändern können, aber es gibt viele andere Bereiche, wo wir alle etwas in Bewegung bringen können.



KNA: Welches Signal geht für Sie von Hannover aus?

Glück: Es ist eine deutliche Richtungsbestimmung, dass Kirche nicht einen Rückzug macht in die Sakristei, weil unter dem Aspekt geringerer Ressourcen und einer Konzentration aufs "Kerngeschäft" das Engagement im Weltdienst zurückgeschraubt wird. Das ist eine wichtige Kursbestimmung für die katholische Kirche in Deutschland. Insofern sehe ich Hannover als richtungweisend für eine lebendige, gesprächsfähige Kirche, die - bei aller inneren Spannung - einen wirksamen Beitrag für die Gesellschaft leisten kann.



Das Interview führte Gottfried Bohl (KNA)