SPD, Grüne und Linke wollen der umstrittenen Abgabe zum Comeback verhelfen, wenn auch unter sehr unterschiedlichen Vorzeichen. Sie eint das Ziel, privates Vermögen künftig mehr zu belasten - und der Entwurf des Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung ist Wasser auf ihre Mühlen. Jenseits aller Interpretationspielräume der schon bekanntgewordenen Daten ist klar: Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich weiter. Kein Wunder also, dass die Opposition immer lauter danach ruft, Wohlhabende wieder mehr zur Kasse zu bitten.
Doch zunächst der Blick zurück: Das Bundesverfassungsgericht entschied 1995, dass die den Bundesländern zustehende Vermögenssteuer verfassungswidrig ist. Das Urteil machte der Abgabe aber nicht deswegen den Garaus, weil die Versteuerung von Kapitalvermögen generell gegen das Grundgesetz verstieß. Die obersten Richter nahmen Anstoß an der Form, wie das geschah, und damit am Vermögenssteuergesetz aus dem Jahr 1990.
Die Besteuerung war aus der Sicht des Gerichtes ungerecht, weil Immobilienwerte gegenüber anderem Kapitalvermögen günstiger gestellt waren (Einheitswerte). Die Unterschiede bei der Bewertung etwa von Wertpapieren gegenüber Häusern oder Landbesitz waren so groß, dass das Gericht den Gleichheitsgrundsatz eklatant verletzt sah.
In der Folge wurde die Steuer nicht mehr erhoben - und den Ländern ging viel Geld durch die Lappen: 1996 hatte die Vermögenssteuer rund 4,6 Milliarden Euro in ihre Kassen gespült. Zum Vergleich: Ein Steuersatz von einem Prozent bei einem Freibetrag von einer Million Euro würde nach Schätzungen etwa 14 Milliarden Euro pro Jahr an Zusatzeinnahmen bringen - weniger als die Hälfte jener Summe, die der Bund im Entwurf seines Haushaltes für 2013 für Zinsausgaben vorgesehen hat (33,3 Milliarden Euro).
Wie der Armutsbericht zeigt, ist inzwischen über die Hälfte des Gesamtvermögens in den Händen des reichsten Zehntels der Bevölkerung. Dass sich dieser Trend zur Anhäufung von Kapital umkehren wird, ist nicht zu erwarten, denn Unternehmenssteuern und Spitzensteuersatz wurden gesenkt, die Vermögenssteuer ist ausgesetzt.
Doch die Wiederbelebung der Vermögenssteuer ist rechtlich heikel. Noch hat es der Staat nicht geschafft, die 1995 errichteten Hürden des Bundesverfassungsgerichts zu überwinden. Es gibt bis heute keine tragfähigen und vor allem flächendeckenden Grundbesitzwerte, ganz zu schweigen vom Verkehrswert anderen Besitzes, von der Beteiligung an Unternehmen über Kunstwerke bis hin zur Jacht im Mittelmeer. Folglich ließe sich die vom Gericht eingeforderte gleichmäßige Besteuerung aller Besitztümer auf die Schnelle nicht realisieren.
Dem widerspricht das "Bündnis Umfairteilen" mit Nachdruck. Für die gleichmäßige Bewertung der verschiedenen Vermögensarten gebe es inzwischen aktuelle und praktikable Maßstäbe, die im Zuge der Erbschaftsteuerreform entwickelt wurden. "Rechtlich steht einem Comeback der Vermögensteuer damit nichts im Weg", betont der Zusammenschluss von Gewerkschaften, Sozialverbänden und religiösen Gruppen. Erforderlich sei nur ein Beschluss von Bundestag und Bundesrat - ein neuer Lebenshauch für die Untote.
Vermögensteuer
Hintergrund
Spötter reden von einem "Untoten des Fiskalstaates", der zum Leben erwacht. Und schnell verschwindet, wenn die Debatte über neue Abgaben für Reiche wieder erlahmt. Offiziell wurde die Vermögenssteuer nie abgeschafft - sie wird seit 1997 nur nicht mehr erhoben.
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