Ban Ki Moon präsentiert sich bei UN-Vollversammlung als unbequem

Der gewandelte UN-Generalsekretär

Lange galt Ban Ki Moon als blass und kraftlos, als "unsichtbarer Mann". Doch in seiner zweiten Amtszeit präsentiert sich der UN-Generalsekretär lebhaft und unbequem. Zur jährlichen Generaldebatte der Vereinten Nationen in New York verlangt Ban von den versammelten Staats- und Regierungschefs einen Eingriff im Syrien-Konflikt.

Autor/in:
Jan Dirk Herbermann
 (DR)

Die US-Regierung gab Ban Ki Moon klare Signale: Washington werde es überhaupt nicht goutieren, sollte der UN-Generalsekretär nach Teheran zu der Konferenz der blockfreien Staaten reisen. Ban reiste dennoch.



Einmal dort, sprach er Klartext: Er geißelte die Ausfälle des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad gegen Israel, rief die Regierung zum Einlenken im Atomstreit auf und kritisierte das Regime in Syrien, das vom Iran unterstützt wird. "Die Krise in Syrien begann mit friedlichen Demonstranten, auf die mit brutaler Gewalt geantwortet wurde."



Die Rede des gewieften Südkoreaners (68) Ende August verlief so gar nicht nach dem Geschmack des iranischen Regimes. Aber sie passt in das Bild des neuen Ban Ki Moon. Seit Monaten präsentiert sich der Generalsekretär, der in diesen Tagen die Staats- und Regierungschefs zur UN-Vollversammlung begrüßt, wie verwandelt: zupackend und unbequem.



Der floskelhaften Reden überflüssig

Es scheint, als sei er der floskelhaften Reden seiner ersten Jahre an der Spitze der Weltorganisation überdrüssig geworden. "Ban ist seit Anfang 2012 in seiner zweiten und letzten fünfjährigen Amtszeit, er braucht kein Blatt mehr vor den Mund zu nehmen", erklärt ein UN-Diplomat.



Zumal zu den Umwälzungen in der arabischen Welt findet der Ex-Außenminister Südkoreas die richtigen Worte. Er stand und steht immer auf der Seite der Demonstranten, der Verfolgten, der Opfer der Gewalt. Die Teheranreise macht auch klar, dass Ban es wagt, sich der Supermacht USA zu widersetzen. Ebenso prangert Ban den Geiz der reichen Länder im Kampf gegen die Armut an. "Als Weltgemeinschaft müssen wir Rhetorik zu Realität werden lassen", sagte er vor wenigen Tagen in Richtung der Wohlhabenden: Die Reichen müssten ihren finanziellen Versprechen endlich Taten folgen lassen.



Im Gegensatz zu seinen jüngsten Auftritten stehen seine ersten Jahre im Amt. Ban machte damals keine gute Figur. Das US-Magazin "Foreign Policy" lästerte, Ban sei ein "Dilettant auf der internationalen Bühne". Bans Kritiker riefen: Er sei zu blass, zu bieder, zu unterwürfig. Bans Pech: Seine weiche Stimme und seine maskenhaften Gesichtszüge ließen ihn kraftlos erscheinen. Vergeblich suchte er nach einem großen Thema für seine Amtszeit: Weder bei der Bekämpfung der Armut noch beim Klimawandel oder bei der Lösung von bewaffneten Konflikten konnte er überzeugen.



Es half auch nicht, dass Ban in der Frühphase seiner UN-Zeit die unheilvolle Neigung zeigte, sich selbst zu beschädigen. So bezeichnete sich Ban als den "unsichtbaren Mann". Verglichen mit seinem charismatischen Vorgänger Kofi Annan hatte der Südkoreaner sogar recht.



"Unmöglichster Job in der Welt"

Viele UN-Mitarbeiter hegten große Zweifel: War Ban der Position des Generalsekretärs gewachsen? Immerhin ist es eine Aufgabe, über die schon der erste Amtsinhaber Trygve Lie stöhnte: Es sei der "unmöglichste Job in der Welt". Tatsächlich hat der Generalsekretär kaum Macht, er muss es aber allen 193 UN-Mitgliedern recht machen. In erster Linie hat er auf die Befindlichkeiten der fünf ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat zu achten. Denn die haben das wichtigste Wort bei der Wiederwahl des Generalsekretärs. Ban buhlte um die Gunst der Amerikaner, Russen, Chinesen, Franzosen und Briten. Schließlich gaben die fünf grünes Licht für eine zweite Amtszeit.



Immerhin hat Ban nun die rigorose Verteidigung der Menschenrechte für sich als ein großes Thema entdeckt. Bans kompromisslose Haltung zu den Revolutionen in der arabischen Welt und sein selbstbewusstes Auftreten gegenüber den mächtigen Staaten, einschließlich der USA, lassen unter vielen UN-Mitarbeitern die Hoffnung steigen: Der "unsichtbare Mann" ist auf gutem Weg als eigenständiger Generalsekretär in die UN-Geschichte einzugehen.