Papst betet am Wallfahrtsort für Synode und Jahr des Glaubens

Auf den Spuren von Johannes XXIII.

Papst Benedikt XVI. hat im italienischen Wallfahrtsort Loreto für das Gelingen des "Jahr des Glaubens" gebetet. Offizieller Anlass der Reise ist der 50. Jahrestag des Loreto-Besuchs von Papst Johannes XXIII. (1958-1963) kurz vor Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils.

Autor/in:
Burkhard Jürgens
 (DR)

Es ist der 2.725. Prozesstag. Ortstermin Loreto, das Wort hat der Papst: Während die Öffentlichkeit gebannt das Verfahren gegen seinen Kammerdiener im Vatikan verfolgt, begab sich Benedikt XVI. selbst am Donnerstag in den italienischen Wallfahrtsort Loreto, um für den "Prozess" zu beten, der ihm seit Beginn seines Pontifikates am 19. April 2005 besonders am Herzen liegt: die Neubelebung des christlichen Glaubens, vor allem in den Ländern des Westens, wo häufig leere Kirchen, Priestermangel und religiöser Analphabetismus das Bild prägen. Und zumindest an diesem Tag sollte das "Haus der Heiligen Familie", das in dem mittelitalienischen Ort verehrt wird, den vatikanischen Justizpalast in den Schatten stellen. Verhandlungen waren wohl bewusst für Donnerstag nicht angesetzt.



Ganz bewusst in Tradition seines Vorgängers

Benedikt XVI. stellte sich mit seiner Reise ganz bewusst in die Tradition seines Vorgängers Johannes XXIII. (1958-1963). Dieser hatte das Marienheiligtum eine Woche vor Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) am 4. Oktober 1962 besucht, um den Beistand der Gottesmutter für dieses epochale kirchliche Ereignis zu erbitten. Nur in der Wahl des Verkehrsmittels wich Benedikt XVI. ab: Statt der Eisenbahn, mit der einst sein Vorgänger anreiste, wählte er den schnelleren Hubschrauber.



50 Jahre nach Johannes XXIII., dem "unvergesslichen Papst", sei nun auch er nach Loreto gekommen, um Maria zwei "wichtige kirchliche Initiativen" anzuvertrauen, sagte der Papst in seiner Predigt: das "Jahr des Glaubens", das nächsten Donnerstag beginnt, und die Bischofssynode über die Neuevangelisierung, die am Sonntag im Vatikan eröffnet wird. Das Anliegen beider Initiativen ist eine Neubelebung des Glaubens.



Die Botschaft des Papstes ist klar: Das Jahr des Glaubens und die Bischofsversammlung sollen im Zeichen jenes Konzils stehen, das die Öffnung zur modernen Welt brachte. Seine Reise nach Loreto bildete den Auftakt zu diesen Initiativen. Das zeigte auch der ungewöhnliche Umstand, dass der Papst vom Präsidenten des Päpstlichen Rates für die Neuevangelisierung, Erzbischof Rino Fisichella, und dem Generalsekretär der Bischofssynode, Erzbischof Nikola Eterovic, begleitet wurde.



Immerwährende Pilgerschaft auf Erden

Wer Wallfahrtsorte für den Ausdruck unaufgeklärter Volksfrömmigkeit hält und Marienverehrung im Grunde für eine vorkonziliare Erscheinung, wurde vom Papst belehrt. Das "Haus der Heiligen Familie", das in Loreto verehrt wird, sei ein "konkretes und greifbares Zeugnis des größten Ereignisses unserer Geschichte", hob er hervor: der Menschwerdung Gottes. Von ihr gehe auch heute noch eine "einzigartige Botschaft" aus. Sie biete allen Menschen eine Heimstatt, erinnere sie jedoch zugleich an ihre Existenz als immerwährende Pilger auf Erden.



Der Legende nach sollen Engel das Haus, in dem einst Maria, Josef und Jesus wohnten, am 10. Dezember 1294 von Nazareth nach Loreto getragen haben. Vermutlich geht diese Tradition auf eine Kaufmannsfamilie namens Angeli, zu Deutsch "Engel", zurück, die das Haus in den Ort in der Region Marken geschafft haben soll.



Unmittelbar nach der Ankunft zog sich Benedikt XVI. zu einem privaten Gebet in das Marienheiligtum zurück. Dass Johannes XXIII. mit seiner Reise nach Loreto 1962 eigentlich ein Versprechen brach, ließ Benedikt XVI. unerwähnt: "Madonna von Loreto, ich liebe Sie sehr und verspreche Ihnen, treu zu bleiben und ein guter Seminarist zu sein. Aber hierher komme ich nicht mehr." Diese Worte soll der junge Priesteramtskandidat Angelo Roncalli, der spätere Papst, im Jahr 1900 in Loreto gesprochen haben. So jedenfalls berichtete er es

62 Jahre später selbst am gleichen Ort.



Die Reise allein war damals eine kleine Sensation. Erstmals seit der Einigung Italiens im Jahr 1861 unternahm ein Papst wieder eine Reise, die ihn über das römische Umland hinausführte. Die Symbolik lag damals auf der Hand: Der Papst macht sich auf den Weg, um dafür zu beten, dass sich auch die Kirche auf den Weg mache. Das dürfte nun auch der Wunsch von Benedikt XVI. sein.