Bogotas Erzbischof Salazar erhält Kardinalswürde

Vermittler, Mahner und Kommunikator

Vermittler, Mahner und Kommunikator: Ruben Salazar Gomez (70) ist in seinem Heimatland konflikterfahren und -erprobt. Die Probleme Kolumbiens, pflegt der Erzbischof von Bogota zu sagen, seien auch die des ganzen Kontinents, vielleicht sogar der ganzen Welt. Nun hat ihn Papst Benedikt XVI. zum Kardinal ernannt. Neben Salazar benannte der Papst überraschend fünf neue Kardinäle.

Autor/in:
Tobias Käufer
 (DR)

In Bogota tut Salazar Dienst im Epizentrum eines jahrzehntelangen bewaffneten Konflikts. Seit die linksgerichtete Guerilla-Organisation FARC und die Regierung vor ein paar Tagen begannen, auch offiziell nach einem Ausweg aus diesem nie enden wollenden Krieg zu suchen, haben unzählige TV-Teams aus der ganzen Welt den Erzbischof von Bogota um eine Stellungnahme zu den Verhandlungen gebeten.



Salazar warnt vor Euphorie im Friedensdialog

Doch während das Ausland fast schon euphorisch die Gespräche als den Beginn eines möglichen Friedens feiert, gibt sich der gebürtige "Bogotano" zurückhaltend und vorsichtig: "Es ist sehr wichtig, dass es eine Ehrlichkeit und Klarheit in den Gesprächen gibt", sagt Salazar Gomez und mahnt zu einer realistischen Einschätzung, die so gar nicht in die Schnelligkeit von "breaking news" und Livetickern passt. Die Gespräche dürften nicht über falsche Aspekte geführt werden, die es in der Realität gar nicht gebe. Stattdessen müssten beide Seiten bereit sein, ein Zeichen der Versöhnung und der Vergebung zu setzen, sagt Salazar mit seiner ruhigen Stimme: "Wir sind davon überzeugt, dass der Dialog der einzige Weg ist, um zu einem Frieden zu gelangen."



So kennen und schätzen ihn seine Landsleute. Salazar, am 22. September 1942 in Bogota geboren, gilt in der aufgeregten Medienlandschaft Kolumbiens als ein seriöser und realistischer Beobachter der wichtigsten politischen und gesellschaftlichen Fragen. Kaum eine Woche, in der er nicht für die Hauptnachrichtensendungen um eine Einschätzung zu aktuellen Fragen gebeten wird. Journalisten schätzen ihn, weil er kurz, knapp und telegen formulieren kann und stets die Sicht der Kirche in verständlicher und moderner Sprache transportiert.



Seine Kritik trifft Guerilla, Paramilitärs und Armee

Salazar bezieht Stellung, er verurteilt und brandmarkt die Menschenrechtsverletzungen von linker Guerilla, rechten Paramilitärs, aber auch der Armee. Und er stellt sich auf die Seite jener, deren Stimme kaum gehört wird: "Uns ist bewusst, dass der Bergbau eine Lokomotive für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes darstellt, aber er steht auch für große Risiken", sagte Salazar vor wenigen Wochen mit Blick auf umstrittene Projekte der Montanindustrie - vor denen sich die Menschen in den ländlichen Regionen Kolumbiens fürchten, weil sie in der Vergangenheit oft zu Landvertreibung und massiver Umweltverschmutzung geführt haben.



Diese Unabhängigkeit verleiht ihm Glaubwürdigkeit und Respekt. In seiner Eigenschaft als stellvertretender Vorsitzender des Lateinamerikanischen Bischofsrates CELAM, dessen Sitz in Bogota ist, geht Salazar auch kontroversen Diskussionen nicht aus dem Weg. In der auf dem ganzen Kontinent intensiv diskutierten Frage, ob eine Legalisierung von Drogen zu einem Ende des Drogenkrieges führen kann - weil dann den Kartellen ihre finanzielle Grundlage entzogen werden könnte -, zeigt sich Salazar ergebnisoffen: Man müsse die möglichen Folgen einer Entkriminalisierung für jedes einzelne Land prüfen, um dann zu einer gemeinsamen Lösung zu gelangen. "Eine solche Entscheidung kann kein Land alleine treffen, sondern sie muss das Ergebnis eines internationalen Abkommens sein." Die Kirche stehe bereit, ihren Beitrag zu einer ethischen Debatte darüber zu leisten.



Der designierte Kardinal wurde im Mai 1967 zum Priester geweiht. Von 1992 bis 1999 stand er als Bischof der Grenzdiözese Cucuta vor, ehe Papst Johannes Paul II. ihn zum Erzbischof von Barranquilla berief. Vor zwei Jahren wurde er Nachfolger von Kardinal Pedro Rubiano Saenz (80) als Oberhirte von Bogota. Seit 2008 leitet er als Vorsitzender die Geschicke der Kolumbianischen Bischofskonferenz. Die Kardinalserhebung ist der vorläufige Höhepunkt einer bemerkenswerten kirchlichen Karriere.



Papst ernennt sechs neue Kardinäle

Papst Benedikt XVI. will insgesamt sechs Kirchenvertreter in den Kardinalsrang erheben. Bei der Generalaudienz kündigte er am Mittwoch ein Konsistorium für den 24. November an. Dabei wird er neben Salazar auch dem Präfekten des Päpstlichen Hauses, James Michael Harvey, den Kardinalsring überreichen. Die Erhebung Harveys zum Kardinal gilt als überraschend, da dieses Amt bisher nicht mit dem Kardinalsrang verbunden ist.



Ein deutliches Signal ist die Erhebung des im Libanon residierenden maronitischen Patriarchen Bechara Boutros Rai, der vor einem Monat Gastgeber des Papstes bei seiner spektakulären Nahost-Reise war. Benedikt XVI. wollte damit eine bedrängte Kirche in einer Krisenregion ehren. Das gilt ähnlich für den Inder Baselios Cleemis Thottunkal, syromalankarischer Großerzbischof von Trivandrum, dessen Gläubige immer wieder Gewalt radikaler Hindus ausgesetzt sind.



Weiter nominierte der Papst einen Diözesanbischof aus Afrika und aus Asien. Dass dazu der Erzbischof von Manila gehörte, Luis Antonio Tagle, war absehbar. Denn nach Brasilien und Mexiko haben die Philippinen mit 75 Millionen die dritthöchste Katholikenzahl weltweit. Zudem hat sich Tagle soeben bei der Bischofssynode durch seine Wortmeldungen zu Kirche und Gerechtigkeit profiliert. Nicht überraschend war weiter die Ernennung von John Olorunfemi Onaiyekan. Er gehört zu den bedeutendsten Kirchenführern Afrikas, war lange Präsident des kontinentalen Bischofsrates SECAM. Er leitet die Nigerias Hauptstadtdiözese Abuja; das Land hat die zweitgrößte Katholikenzahl Afrikas. Zudem ist er seit zwei Jahrzehnten regelmäßig Delegierter bei den Weltbischofssynoden.