Protestanten beraten über Reformationsjubiläum 2017

Traum vom bundesweiten Feiertag

Die Evangelische Kirche in Deutschland berät, wie in fünf Jahren das 500. Reformationsjubiläum gefeiert werden soll. Von der Politik wünscht sie sich einen bundesweiten Feiertag. Am Montag wird Kanzlerin Merkel zur Jahrestagung der Evangelischen Kirche in Schleswig-Holstein erwartet.

 (DR)

Die Reformation sei in ihren Wirkungen ein weltveränderndes Ereignis, das die Gesellschaft bis heute präge, sagte der Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider zum Auftakt der EKD-Jahrestagung am Sonntag in Timmendorfer Strand. Die Vorbereitungen zum 500. Jahrestag des Thesenanschlags Martin Luthers (1483-1546) sind Schwerpunktthema der bis Mittwoch tagenden Synode.



Bislang ist der Reformationstag, den evangelische Christen jährlich am 31. Oktober feiern, nur in den ostdeutschen Flächenländern ein gesetzlich geschützter Feiertag. In Berlin und im Westen Deutschlands ist er ein normaler Arbeitstag. In den vergangenen Tagen hatten mehrere Kirchenleute, Wissenschaftler sowie einzelne Landespolitiker einen bundesweiten Reformations-Feiertag

2017 befürwortet. Dafür wäre eine Verständigung unter den Bundesländern notwendig, die für die Feiertagsgesetz zuständig sind.

Der 31. Oktober 2017 fällt auf einen Dienstag.



Evangelisch-katholische Arbeitsgruppe berät Versöhnungsgottesdienst

Nach den Worten Schneiders wird eine evangelisch-katholische Arbeitsgruppe prüfen, ob es einen gemeinsamen Buß- und Versöhnungsgottesdienst auf dem Weg zum Reformationsjubiläum geben könne. In diesem Gottesdienst könnten die Verletzungen benannt werden, die sich die beiden großen Kirchen wechselseitig im Verlauf der zurückliegenden 500 Jahre angetan hätten. Der Ratsvorsitzende sprach von einem Versuch, "ein aufrichtiges und selbstkritisches Erinnern anzuregen, die gegenseitigen Verletzungen wahrhaftig zu benennen und sie mit der Bitte um Vergebung vor Gott zu stellen".



Auch die katholischen Laien in Deutschland wollen das Reformationsjubiläum zu einem Zeichen für die Ökumene machen. Doch gebe es in der katholischen Kirche eine große Unsicherheit, wie an die Ereignisse erinnert werden solle, sagte der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück, in einem Grußwort an das Kirchenparlament. Zwischen den Konfessionen sei eine "Ebene des Vertrauens" unverzichtbar.



ZdK-Präsident Glück: Tabuisierte Themen werden wieder diskutiert

Glück betonte, mit dem in der katholischen Kirche laufenden Dialogprozess habe eine "neue Lebendigkeit" begonnen. Lange tabuisierte Themen würden wieder offen und angstfrei diskutiert. Er sei hoffnungsvoll im Blick auf die noch offenen Ergebnisse, so der ZdK-Präsident. "Wenn es eine Enttäuschung würde, würde ein Auszug der Engagierten beginnen", fügte er hinzu. Zugleich warnte er vor zu viel "Selbstbeschäftigung" in der Kirche. Es wäre eine "große Tragik", wenn sich die Christen dadurch den großen aktuellen Aufgaben verweigerten. Dazu zähle er die "Not der Glaubensvermittlung" und die "neue Intoleranz gegenüber der Religion im Gewand einer kämpferisch-säkularen Weltanschauung".



Katrin Göring-Eckardt, die als Präses das evangelische Kirchenparlament leitet, wünscht sich das Reformationsjubiläum 2017 als "ein großes, fröhliches, glaubensgewisses und ökumenisches Jahr". Dabei gehe es darum, die "Sache mit Gott" im 21. Jahrhundert zum Leuchten zu bringen, sagte die Grünen-Politikerin.



Jahresbericht auch zur Beschneidungsdebatte

Traditionell nahm der EKD-Ratsvorsitzende Schneider in seinem Bericht an die Synodalen aus den 20 Landeskirchen auch zu aktuellen gesellschaftlichen Themen Stellung. Unter anderem sprach er sich dafür aus, die traditionelle Beschneidung bei Juden und Muslimen wie geplant gesetzlich zu regeln.



Der Gesetzentwurf der Bundesregierung trage den medizinischen, ethischen und rechtlichen Aspekten Rechnung. "Er lässt die Freiheit der Religionsausübung unberührt, er findet einen Ausgleich zwischen elterlichem Erziehungsrecht und dem Recht auf körperliche Unversehrtheit und berücksichtigt das Kindeswohl", hob der Ratsvorsitzende hervor.



Schneider nannte es eine zentrale kirchliche Aufgabe, die Sehnsucht nach Gott wachzuhalten. Der christliche Gott sei dabei nicht zu verwechseln mit einem Talisman oder Glücksamulett, von denen sich Menschen Schutz versprächen. Gott entziehe sich allen menschlichen Versuchen, ihn "gleichsam quadratisch, praktisch, gut" für persönliche Interessen in die Lebensplanung einzubauen.



Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) rief die evangelische Kirche in seinem Grußwort zu gesellschaftlicher Einmischung auf. Erstmals sprach eine muslimische Bürgermeisterin vor der EKD-Synode. Die 33-jährige Hatice Kara, die in der Türkei geboren wurde, hatte im Mai für die SPD die Bürgermeisterwahl in Timmendorfer Strand gewonnen. Die Juristin Kara stellte die Gastfreundschaft und Weltoffenheit in der 9.000 Einwohner zählenden Gemeinde heraus, die ihr als Einwanderin den Wahlerfolg ermöglicht hätten.



Die Synode war am Morgen mit einem Gottesdienst in Lübecker Dom eröffnet worden. In seiner Predigt rief der Schleswiger Bischof Gerhard Ulrich zum Einsatz für soziale Gerechtigkeit auf. Ungerechtigkeit zwischen Arm und Reich sei "von Menschen entfachter Irrsinn", sagte er.