Bei Gott gibt es bekanntlich selten Zufälle. Wenn sich ab Montag die deutschen Bischöfe zu ihrer lange geplanten Frühjahrsvollversammlung treffen, könnte der Termin nicht besser gewählt sein. Spätestens seit Jahresbeginn befindet sich das Kirchenschiff in sehr schwerer See: Selbstbestimmtes Ende der Pfeiffer-Studie zur Aufklärung des sexuellen Missbrauchs, Abweisung von Vergewaltigungsopfern in katholischen Kölner Kliniken und die damit verbundene Diskussion um die "Pille danach", selbst beauftragte Sinus-Milieustudie mit wenig positiven Ergebnissen, eine neue Flut von Kirchenaustritten und die begleitend-mediale bundesweite Bugwelle aus Schmutz- und Schuldzuweisungen... Land ist nicht in Sicht – oder besser: war nicht in Sicht. Denn zu Beginn dieser Woche kam aus Rom ein von niemandem erwartetes, Mut machendes Signal: Der Papst selber bewegt sich (und andere) und setzt dieses Zeichen!
Natürlich sind viele Christen traurig – berechtigterweise. Und natürlich erinnert im Vatikan derzeit vieles an einen aufgescheuchten und aufgeregten Ameisenhaufen – berechtigterweise. Wenn selbst Vertraute des Papstes wie der Kölner Kardinal Meisner von der Ankündigung des Papstes "geschockt" waren, ist das auch kein Wunder. Aber mit seinem bewundernswert mutigen ‚Schritt zurück‘ ermöglicht Benedikt XVI. seiner geliebten Kirche einen neuen Aufbruch. Er trifft seine weltweit beachtete Entscheidung in der Freiheit eines Christenmenschen, in großer Verantwortung vor Gott. Eine äußerst tapfere Gewissensentscheidung für sich selber und die ganze Katholische Kirche. Niemand wird gerade bei diesem Papst sagen, das habe er nicht ganz bis zum Ende gedacht.
Das überraschende Signal dürfte auch bei den deutschen Bischöfen angekommen sein. Schwer vorstellbar, dass diese in der kommenden Woche bei ihrer Vollversammlung nur ruhig und brav die lange vorher festgelegte Tagesordnung abarbeiten und für den Heiligen Vater beten. Jetzt braucht es keine Bischöfe, die hinter verschlossenen Türen stundenlang darüber debattieren, ob es nun "Dialog-" oder "Gesprächsprozess" heißen muss und ob man selbigen überhaupt braucht …
Wenn der noch im Amt befindliche Papst vom "Schifflein Petri" spricht, das in der modernen Welt hin und hergeworfen wird, dann müssen auch die verantwortlichen Steuermänner hierzulande mutig nach vorne schauen. Abtauchen und nur darauf hoffen, dass der Sturm schon alleine vorüber geht, geht nicht mehr. Gerade der im guten Sinne konservative, weil bewahrende deutsche Papst, der bald wieder Joseph Ratzinger sein wird, zeigt, dass vieles möglich ist, was gestern noch völlig unvorstellbar und undenkbar erschien.
Der Katholikentag in Mannheim im letzten Jahr stand unter dem biblischen Motto "Einen neuen Aufbruch wagen" – bei Gott gibt es selten Zufälle! Der Bischof von Rom und Nachfolger Petri hat diesen Aufbruch für sich persönlich und für die ganze ihm anvertraute Kirche bewundernswert mutig gewagt. Daran dürfen – nein, daran müssen sich alle Christen ein Beispiel nehmen. Das uralte biblische Motto "Mit meinem Gott überspringe ich Mauern" gilt gewiss nicht nur für Bischöfe. Gerade diese aber dürfen in Trier jetzt schon einmal ganz mutig Anlauf nehmen. Aus Rom kommt der lange erhoffte Rückenwind!