Geburtstags-Interview mit Bischof Fürst

"Werben für eine missionarische Kirche"

Gebhard Fürst, Bischof von Rottenburg-Stuttgart, ist zugleich Medienbischof der Deutschen Bischofskonferenz und deren Ansprechpartner für das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Am Montag feiert der Bischof seinen 65. Geburtstag. In einem Interview sagt Fürst, welche Pläne er für die Zukunft hat.

 (DR)

KNA: Herr Bischof, viele Menschen setzen sich vor ihrem 65. Geburtstag mit dem Eintritt ins Rentenalter auseinander. Bei Ihnen sieht das anders aus.

Bischof Fürst: Ja, ganz im Gegenteil. Für mich ist der 65. ein Trampolinsprung in die nächsten Jahre.

KNA: Was haben Sie sich für Ihr Bistum vorgenommen, was wollen Sie umsetzen?

Fürst: Wir wollen dem noch mehr Fleisch und Blut geben, was in den vergangenen Jahren an Schwerpunkten und Orientierungen, an Profil und Selbstverständnis entwickelt wurde: zum Beispiel eine diakonische Kirche, die Dienst am Menschen tut und nicht um sich kreist. Im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils wollen wir Freude und Hoffnung, Trauer und Angst mit den Menschen teilen. Wenn wir Zuwendung und Solidarität leben, verkündigen und glauben, sind wir missionarische Kirche. Das möchte ich noch stärker in die Gemeinden und Einrichtungen tragen. Wir wollen eine pilgernde, zeitgenössische, lebensdienliche und schöpfungsfreundliche Kirche sein. Und an der sollen alle gemeinsam stark beteiligt sein.

KNA: In diesen Vorstellungen können Sie sich durch Papst Franziskus bestätigt fühlen.

Fürst: Ja. Die Grundintentionen dessen, was wir tun und noch tun möchten, unterstützt er sehr stark.

KNA: Welche Vorstellungen haben Sie für die Medienarbeit der katholischen Kirche?

Fürst: Wir haben in Bonn unter dem Dach eines katholischen Medienhauses wichtige Einrichtungen wie die KNA oder katholisch.de zusammengebracht. Sie müssen ausloten, was an Kooperationen möglich ist, etwa bei cross-medialen Produkten.

KNA: Und der Medienmarkt insgesamt?

Fürst: Die Medien stehen zunehmend unter dem Druck des Ökonomischen. Beim Kampf um Auflagen und Einschaltquoten gerät oft in den Hintergrund, dass es Medien auch darum gehen muss, den Bürgern bei der Urteilsfindung zu helfen. Wer sich dem Diktat des Geldes aussetzt, bedroht die Qualität des Journalismus. Mittel- und langfristig sägt sich die Gesellschaft damit einen Ast ab, auf dem sie sitzt. Aber ich bin überzeugt: Wer Qualitätsjournalismus betreibt, wird im Chaos unsortierter und schwer einschätzbarer Nachrichten seinen Platz behalten. Unterm Strich werden Medien und Journalisten gefragt sein, die solide informieren und nicht nur Entertainment liefern. Boulevard unterhält, guter Journalismus befreit zu Urteilsfähigkeit und Lebenssouveränität.

KNA: Was erwarten Sie sich für Ihre Arbeit mit dem ZdK, dem obersten Laiengremium in der Bundesrepublik?

Fürst: Ich bin froh, dass es einen lebendigen Laien-Katholizismus gibt, der in Kultur und Gesellschaft hineinwirkt und beides mitgestaltet. Wir haben einen Präsidenten, der auch in schwierigen Situationen hilfreich und Glück-lich agiert. Mir ist wichtig, dass die Bedeutung des Laien-Katholizismus für die Gesamtkirche auch bei den Bischöfen noch besser erkannt wird. Wir müssen mehr schätzen lernen, was wir aneinander haben.

KNA: Noch eine persönliche Einschätzung bitte: Derzeit ist der Spaßfaktor für Bischöfe in Deutschland nicht besonders hoch, oder?

Fürst: Ja, die Situation ist nicht leicht, aber wir sollten das Amt auch nicht an Rankinglisten von Spaßfaktoren messen, es geht ja um etwas anderes. Bei allen Problemen hat das Bischofsamt aus meiner Sicht große Gestaltungskraft. Ich persönlich erfahre ein Mitgehen und Solidarität. Aber es ist heute nicht mehr möglich, als Solitär Strippen zu ziehen oder selbstherrlich zu regieren. Die Gläubigen müssen als Getaufte und Gefirmte den Weg des Volkes Gottes mitgehen.

Dabei hilft guter Rat. Und das Wort vom guten Hirten mag vielleicht altmodisch und missverständlich klingen, aber der Kern dieses bildhaften Ausdrucks besagt: Ein Bischof muss zum Heil der Menschen da sein.

Das Interview führte Michael Jacquemain.