Koptische Christen blicken mit gemischten Gefühlen auf die Festtage

Weihnachten in Ägypten

Der koptische Bischof Anba Damian beklagt eine anhaltende Bedrohung für Christen in Ägypten - gerade zu Weihnachten. Nadim Karl Ammann von der Kölner Diözesanstelle Weltkirche relativiert im domradio.de-Interview die größten Befürchtungen.

 (DR)

domradio.de: Ist das Weihnachtsfest für Christen in Ägypten gefährlich?

Amman: Die Situation in Ägypten hat sich seit dem Sommer, als Mursi gestürzt wurde, noch ein bisschen verändert. Das Militär hat die Macht übernommen und die Situation ist nach wie vor labil. Insofern haben die Christen schon Sorge, wie sich das Weihnachtsfest gestalten wird, aber sie bereiten sich wie in den Jahren zuvor auf dieses Fest vor. Es ist bekannt, dass sie als Orthodoxe vorher fasten und sich anders als wir nicht im Kaufrausch befinden, das gibt es in Ägypten nicht. Und so bereiten sie sich eben auf ihre Art und Weise auf Weihnachten vor, freuen sich aber auch darauf!

domradio.de: Ist das schwierig innerhalb Ägyptens aufgrund der Situation?

Amman: Es ist anders, ich würde es nicht als schwierig bezeichnen, weil die Situation insgesamt schwierig ist. Die Wirtschaft liegt ja immer noch brach und für viele Menschen ist Sicherheit nicht gewährleistet, insofern ist das Leben allgemein schwierig, aber unsere Partner, mit denen wir in Kontakt stehen, sagen: Das gilt für alle Ägypter, nicht nur für die Christen, ganz im Gegenteil: Jetzt ist ja der Arbeitsprozess für die Entstehung der neuen Verfassung beendet, und da wurden ja auch unsere Partner, also katholische, evangelische und orthodoxe Bischöfe, beteiligt. Und die sind sehr zufrieden mit der Arbeit, die da geleistet wurde. Obwohl nach wie vor die Scharia zwar als Basis der Gesetzgebung gilt, aber eben eine andere Auslegung vorliegt. Ich glaube, diese Hoffnung, die für die Zukunft vorhanden ist, überwiegt die Unsicherheit und die Angst vor Weihnachten.

domradio.de: Jetzt kann man in der Presse immer wieder lesen, dass die Kopten Opfer von staatlicher Schikane oder auch von religiös motivierten Mordanschlägen werden. Ist das in den Medien übertrieben dargestellt?

Amman: Das beruht in der Regel auf Tatsachen, aber es wird halt hauptsächlich über diese negativen Vorfälle berichtet. Wir haben ja auch die Erfahrung mit dem Weltmissionstag gemacht, der hier in der Erzdiözese Köln von Misereor eröffnet wurde, dass die Medien sich leider mit positiven Berichten aus Ägypten sehr zurückhalten und sich eben eher darauf konzentrieren, wenn etwas Schlechtes passiert. Und dass in Ägypten Anschläge passieren, das stimmt, das sollte man auch nicht unter den Teppich kehren, ganz im Gegenteil, das ist wichtig mitzuteilen. Auf der anderen Seite passieren aber auch viele gute Dinge, wie eben die vertrauensvolle Zusammenarbeit in der verfassungsgebenden Versammlung wie auch viele andere Dinge: z.B. dass Muslime den Christen zu Weihnachten gratulieren, sie besuchen. In der Regel besuchen die muslimischen Nachbarn ihre christlichen Nachbarn, beglückwünschen sie, bringen vielleicht auch ein kleines Geschenk vorbei, das ist eigentlich der Alltag. Dass es die Anschläge gibt, ist auch eine Tatsache, aber bei einem Land mit über 80 Millionen Einwohnern lebt die Mehrheit eigentlich in Frieden.

domradio.de: Welche Hoffnungen knüpfen Sie persönlich an das Weihnachtsfest, wenn Sie auch Kontakt zu Christen in Ägypten haben?

Amman: Ich wünsche mir, dass alle ein friedvolles Weihnachtsfest haben werden, dass die Mitternachtsmessen, die dort tatsächlich noch um Mitternacht stattfinden, gut vonstatten gehen, die Kirchen werden rappelvoll sein. Das Militär steht vor den Kirchen, aber das stand schon immer da, also auch zu Zeiten Mubaraks schon. Vielleicht hat sich das verstärkt, um den Christen ein Gefühl der Sicherheit zu geben. Mir liegt keine Information vor, dass Angriffe geplant wären, und deswegen wünsche ich meiner Verwandtschaft und meinen Bekannten, dass sie ein schönes und friedvolles Weihnachtsfest haben werden.

Das Interview führte Verena Tröster.