Erzbischof Schick zur Lage im Nordirak

"Nicht neue, sondern weniger Waffen"

Der Papst schickt einen Sondergesandten in den Nordirak, die Lage der Christen ist weiterhin verzweifelt. Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick spricht sich im domradio-Interview klar gegen eine Waffenlieferung an kurdische Truppen aus.

 (DR)

domradio.de: Herr Erzbischof Schick, was hören Sie zurzeit aus dem Krisengebiet Nordirak, sehen Sie überhaupt einen Hoffnungsschimmer?

Erzbischof Ludwig Schick: Wir Christen sind Menschen der Hoffnung und die Hoffnung stirbt zuletzt. Wir hoffen, dass es so gut wie möglich ausgeht, obwohl die Situation sehr dramatisch ist und sehr, sehr besorgniserregend.

domradio.de: Sie haben in einem Interview gesagt, die Situation im Irak gleicht einem Genozid. Heißt das nicht auch, die Vereinten Nationen müssten stärker eingreifen?

Schick: Das wäre natürlich sehr wichtig. Alle sollten eigentlich im Moment eingreifen, die irgendetwas tun können für die Menschen im Irak und die Christen, welche ja ganz besonders betroffen sind. Alle sollten eingreifen, damit die Situation besser wird und so viele Menschen und Christen wie möglich gerettet werden, in dieser schlimmen Situation.

domradio.de: Aber wer kann denn überhaupt etwas tun? Die USA haben jetzt angefangen mit Luftschlägen, die ja offenbar weitestgehend erfolglos bleiben?

Schick: Gut, bisher sind sie nicht sehr erfolgreich gewesen. Nach allem, was ich höre, sind aber doch die IS - Truppen in ihrem Vormarsch behindert und das ist ja schon mal etwas. Solche Einsätze sind am Anfang immer noch nicht so erfolgreich und wir hoffen, dass es doch noch besser wird.

domradio.de: Jetzt wird in Deutschland viel darüber diskutiert, die kurdischen Peschmerga-Milizen mit Waffen auszustatten, damit sie den IS-Truppen entgegentreten können. Was halten Sie denn von diesen Plänen?

Schick: Zunächst einmal, wir lehnen Waffenimporte oder Transporte in Krisengebiete ab. Wir müssten vor allen Dingen herausbekommen, woher die IS - Truppen ihre Waffen haben. Sie kämpfen mit modernsten Waffen, die auch bei uns hier hergestellt werden und auf irgendwelchen Wegen zu ihnen gelangen. Der Waffenimport- oder Export von Deutschland in diese Länder, der müsste zunächst einmal gestoppt werden. Also nicht neue Waffen und mehr Waffen, sondern weniger Waffen.

domradio.de: Jetzt gibt es aber auch Stimmen, die sagen, dass die kurdischen Peschmerga-Milizen auf jeden Fall mit Waffen ausgestattet werden müssen, da sie die einzigen wären, die der Terrormiliz IS effektiv entgegen treten können?

Schick: Ich bin nicht für weitere Waffenimporte in Krisengebiete. Wichtig ist, Waffenimporte zu stoppen.

domradio.de: Wie groß ist denn Ihre Sorge, dass sich der Konflikt im Irak weiter ausdehnen könnte auf Nachbarländer bzw. dass dann der ganze Nahe Osten zu einem Pulverfass werden könnte?

Schick: Leider Gottes ist das ja schon der Fall. Wir haben die Probleme in Syrien seit Jahr und Tag, wir haben wachsende Probleme im Libanon, wir haben auch die Probleme in Ägypten nicht gelöst, wir haben auch die Probleme in Libyen nicht gelöst. Wir müssen unbedingt alles tun, damit diese Region befriedet wird. Zurzeit ist der Irak sicher das Land, was ganz besonders im Fokus steht und stehen muss, damit sich dort nicht weiter die IS-Truppen ausbreiten können und die anderen Länder noch mehr in diesen Konflikt hineinziehen.

domradio.de: Wir haben schon viel darüber gesprochen, wie man helfen kann und wer helfen kann. Was glauben Sie, welche Hilfe aus Deutschland getan werden kann?

Schick: Als Christen setzen wir immer auch auf das Gebet. Dann sollten wir uns für die Menschen interessieren, und dass ihnen Hilfe zuteil wird, auch über die Caritas, damit die Menschen, die ins Kurdengebiet geflohen sind, jetzt auch dort leben können. Weiter müssen wir allen Einfluss auf die Politik nehmen, der möglich ist, damit sie ihre politischen Möglichkeiten ausschöpfen, um dort Frieden zu erzielen. Die Waffenlieferungen von Deutschland stoppen und die anderen Länder in diesen Stopp miteinbeziehen, denn wir müssen die verfeindeten Truppen quasi austrocknen, was Waffen angeht, damit nicht weiter Schaden angerichtet werden kann. Und wir müssen natürlich die Regierungen stabilisieren, die dort sind, dass sie in ihren Ländern eben zur Gerechtigkeit, Frieden und Einheit hinwirken können.

domradio.de: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview hat Matthias Friebe geführt.