Ursprünglich, anfanghaft, echt, tastend, suchend - so beschreibt der Komponist Wilfried Röhrig Leben und Werk des Paters. Bei den Feierlichkeiten zum Jubiläum der charismatischen Gemeinschaft, die aus einer kleinen Kapelle bei Koblenz hervorging, wurde Röhrigs Musical "Auf dem Hochseil" bereits uraufgeführt. Das Stück vollzieht die Lebensstationen des Gründervaters Kentenich mit mittelalterlichen sowie modernen Rock- und Popliedern nach. Bestimmend ist dabei die Frage, welche Bedeutung die Schönstatt-Bewegung in der heutigen Zeit hat.
Herausforderungen für Glauben
Denn Kentenichs Welt ist auf den ersten Blick eine ganz andere. Zwei Weltkriege hat er erlebt. Immer wieder sah sich der Geistliche vor die Herausforderung gestellt, im Glauben standhaft zu bleiben. Als uneheliches Kind am 16. November 1885 in Gymnich bei Köln geboren, gab ihn seine Mutter bereits früh in ein Waisenhaus und stellte ihn unter den besonderen Schutz Marias. Die Gottesmutter sollte so zur Leitfigur und eigentlichen Erziehungsperson in seinem Leben werden.
1904 trat Kentenich der Gesellschaft der Pallottiner bei; später wurde er Priester und Seelsorger am Gymnasium in Schönstatt bei Koblenz. Der Geistliche leitete die Gymnasiasten zu ernsthafter Selbsterziehung an und versuchte, ihren Glauben im Vertrauen auf Maria zu festigen.
Gründung in kleiner Kapelle
Am 18. Oktober 1914, in der ideologisch aufgeladenen Atmosphäre des gerade ausgebrochenen Ersten Weltkrieges, gründete er in der kleinen Kapelle in Schönstatt die Verbindung der Marianischen Kongregation - die Geburtsstunde der Schönstatt-Bewegung. In enger Anlehnung an den Leitspruch von Ignatius von Loyola, "Gott suchen und finden in allen Dingen", sollte Maria für die jungen Mitglieder eine alltägliche "Kontaktstelle" zu Gott sein. Das sogenannte Liebesbündnis mit der Gottesmutter stellt bis heute den spirituellen Kern der Schönstatt-Bewegung dar.
Vorbild Jeanne d'Arc
Im Gründungsdokument verwies Kentenich seine Mitglieder auf die Tapferkeit der französischen Freiheitskämpferin Jeanne d'Arc und schrieb: "Nach dem Plane der göttlichen Vorsehung soll der Weltkrieg mit seinen mächtigen Impulsen für euch ein außerordentlich förderndes Hilfsmittel sein für das Werk eurer Selbstheiligung." Diese Heiligung sei der Panzer, den die jungen Männer anlegen; das Schwert, mit dem sie das Reich Gottes von seinen übermächtigen Feinden befreien sollten. Was wie eine Kampfansage an die feindlichen Mächte klingt, war wohl eher ein Versuch, den jungen Männern, die nun in den Krieg ziehen mussten, im Glauben eine tägliche Stütze zu bieten.
Jahrelang im Konzentrationslager
Diese "neuen göttlichen Initiativen", mit denen Kentenich die Krisen seiner Zeit zu bewältigen versuchte, mündeten später in die sogenannte Kentenich-Pädagogik, die Christen in ihrem alltäglichen Dasein Anleitungen bietet, ihren inneren Sinn zu finden. Heute leben die Mitglieder diese Ideen im Sinne einer "mündigen christlichen Subjektivität".
Was er im Ersten Weltkrieg angefangen hatte, setzte Kentenich auch im Zweiten fort. Aufgrund seiner Ablehnung des Nationalsozialismus selbst jahrelang im Konzentrationslager in Dachau gefangen, hielt er die Schönstatt-Bewegung dennoch lebendig, bot anderen Häftlingen geistlichen Halt.
Rückkehr in den 60ern
Mit Kriegsende sollte er die Bewegung auch nach Übersee tragen. Von 1949 an unterzog die Kirche Schönstatt einer Prüfung. Während dieser Zeit musste Kentenich sich in Milwaukee/USA aufhalten, der Kontakt zu seinem Werk wurde weitgehend unterbunden. Erst 1965 kehrte Kentenich nach Schönstatt zurück, nachdem Papst Paul VI. (1963-1978) ihn rehabilitiert hatte. Kenner der Schönstatt-Bewegung sagen, es sei auch dem Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils zu verdanken, dass Kentenichs Idee von der lebendigen Kirche in ein neues Licht gerückt wurde. Viele Schönstatt-Mitglieder hoffen nun auf seine Heiligsprechung.
Die Feiern an diesem Wochenende sind laut den Veranstaltern so etwas wie ein "kleiner" Weltjugendtag. Bis Sonntag laden sie in Vallendar zu Gottesdiensten, Workshops für Familien und Kinderaktionen ein. Eine weitere Wallfahrt zum Jubiläum findet vom 23. bis 26. Oktober nach Rom statt.