Seiner Wertschätzung und Unterstützung konnten die Sängerinnen und Sänger der Chöre am Kölner Dom immer sicher sein. Erst als Generalvikar, später als Dompropst förderte Norbert Feldhoff sie über Jahrzehnte mit großem persönlichem Interesse, emotionaler Anteilnahme und differenziertem Sachverstand. Denn er gilt gleichermaßen als Musikliebhaber wie Musikkenner. Feldhoff öffnete sich nicht nur innovativen Ideen, als es mit der Gründung des Mädchenchores am Kölner Dom vor über 25 Jahren um eine grundsätzliche Neuerung in der Liturgie der Kölner Kathedrale ging, er schuf strukturell auch die dafür notwendigen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen durch Bistumsleitung und Domkapitel. Schließlich war er einer der maßgeblichen Befürworter einer eigenen Ausbildungsstätte für die jungen Nachwuchssänger mit dem unter seiner Leitung verantworteten Bau des Lindenthaler Chorzentrums, der Domsingschule und des Kardinal-Höffner-Hauses. Zu Recht gilt er daher als „geistlicher Vater“ der großen Chorfamilie, als die sich alle Chöre am Dom verstehen. Gemeinsam mit den drei Chorleitern Eberhard Metternich, Oliver Sperling und Winfried Krane arbeitete er später an einer Profilierung der gesamten Kölner Dommusik. Nicht zuletzt findet diese dank seines Engagements für Sakralmusik in allen Sonn- und Feiertagsgottesdiensten der Hohen Domkirche heute auch überregional Beachtung und macht darüber hinaus bei Chorwettbewerben und Konzerten im In- und Ausland durch eine herausragende Qualität von sich reden. Dass ihm die Nachwuchsbildung zum Herzensanliegen wurde, war in jedem Jahr bei der feierlichen Aufnahme der Jungen und Mädchen aus den vierten Schuljahren zu erleben, bei der der Dompropst stets warmherzige Worte der Anerkennung für diesen zeitintensiven Dienst in der Liturgie fand. Am 7. März nun wird der 75-Jährige um 10.30 Uhr im Kölner Dom mit einem feierlichen Pontifikalamt von Erzbischof Kardinal Woelki in den Ruhestand verabschiedet. In einem Abschiedsinterview mit der Dommusik blickt er auf vier Jahrzehnte an der Spitze des Erzbistums zurück, in denen gerade auch die Musik immer ihren besonderen Platz hatte.
Herr Dompropst, Gerüchten zufolge sollen Sie eine ziemlich gut sortierte CD-Sammlung besitzen, wobei die in Umlauf befindlichen Zahlen beträchtlich schwanken. Aber mal ehrlich: Wie viele sind es denn wirklich?
Feldhoff: Etwa 3.500, wobei ich die letzten Exemplare noch nicht katalogisiert habe. Das habe ich mir für den Ruhestand vorgenommen. Mit dem Sammeln habe ich ein Jahr, nachdem die ersten CDs auf den Markt kamen, begonnen und daraufhin alle meine Platten verschenkt. Mein System sieht vor, dass jede CD eine Nummer bekommt. Zunächst habe ich auf einer Karteikarte folgende Angaben festgehalten: den Komponist mit seinen Lebensdaten und das Musikstück, außerdem natürlich das Orchester und die Interpreten, die Musikgattung, also "Jazz" oder "Weihnachtsmusik", "Lied" oder "Sonate", eventuelle Soloinstrumente, Rezensionen, Kommentare, Produktionsjahr. In einer Nachtaktion habe ich später eine Excell-Datei entwickelt, die heute rund 20.000 Datensätze enthält. Viel Aufwand, wenn man so will. Dafür aber weiß ich immer ganz genau, wo ich was finde.
Die Sammelleidenschaft ist das Eine. Woher aber kommt die darin spürbare Liebe zur Musik? Sind Sie selbst musikalisch?
Feldhoff: Ich bin in einem bürgerlichen Milieu aufgewachsen. Im Alter von drei Jahren wurde 1943 mein Elternhaus in Düsseldorf ausgebombt. Erst als ich elf war, konnten wir wieder zurück in die Stadt. Nachdem ich als erstes Instrument zunächst Flöte gelernt hatte – wie auch heute noch üblich, kaufte mein Vater später dann anlässlich der Rückkehr auch noch ein Klavier, und die Familie entschied: Der Junge bekommt Klavierunterricht. Ich lernte also ganz klassisch Klavierspielen. Von Anfang an wurde Original-Literatur gespielt: Czerny, Bach, Händel… Ein unvergessliches Erlebnis war dann 1958 in der Oberprima am Düsseldorfer Görres-Gymnasium auf der Kö, dass wir zu dritt - mit zwei Mitschülern bildete ich ein Trio – bei der Eröffnung der "Woche der Brüderlichkeit" im Landtag Flötenkonzerte von Händel spielten – im Beisein des Oberbürgermeisters und des Ministerpräsidenten. Etwa 20 Prozent der Mitschüler erhielten damals privaten Musikunterricht. Einer davon war also ich. So kam es, dass wir für dieses Vorspiel angefragt wurden. Ich durfte dafür auf einem zweimanualigen Cembalo spielen, an dem zwei Wochen zuvor noch Herbert von Karajan gesessen hatte. Das war zweifelsohne der Höhepunkt meiner musikalischen Laufbahn. Seitdem habe ich größten Respekt vor Barockbegleitung. Aus Ermangelung eines Klaviers habe ich mir dann im Bonner Albertinum später noch selbst Gitarre beigebracht.
Seit zehn Jahren moderieren Sie die Musiksendung des Domradios "Musica". Sich in klassischer Musik auszukennen war sicher eine der Voraussetzungen… Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Feldhoff: Das Domradio entstand in meiner Zeit als Generalvikar. Doch die Musik, die da gespielt wurde, entsprach ganz und gar nicht meinem Geschmack. Als kirchlicher Sender müsse er doch auch Minderheiten schützen, dachte ich damals bei mir (lacht): also auch Klassik-Liebhaber. "Dann machen Sie doch was!", wurde mir daraufhin entgegengehalten. Aus diesem Angebot sind nun vier Sendungen pro Jahr à zwei Stunden geworden. Da ich zunächst keinerlei Erfahrung auf dem Gebiet des Hörfunks hatte, orientierte ich mich erst einmal an den großen Festen im Jahreskreis: Ostern, Pfingsten, Allerheiligen, Weihnachten… Immerhin braucht man ja einen roten Faden, wenn man Musik und ihre Entstehungsgeschichte vorstellen will. Bei der Gestaltung der Sendung habe ich bis heute alle Freiheiten. Also entscheide ich mich immer für eine Überschrift, wie zum Beispiel im letzten Jahr für die Städte mit Bischofsernennungen, bei denen unsere Weihbischöfe an die Spitze anderer Diözesen berufen wurden: Hofmann nach Würzburg, Trelle nach Hildesheim, Heiner Koch nach Dresden… Dann sollte es auch noch Berlin werden, aber Kardinal Woelki wurde zwischenzeitlich wieder nach Köln zurückgerufen. Also habe ich dann noch schnell umdisponiert, mein Konzept variiert und spontan eine Köln-Sendung gemacht, als der neue Erzbischof bereits hier eingeführt worden war.
Und mit welcher Musik?
Feldhoff: Das wechselt – vom Mittelalter bis zum Jazz, Bekanntes und Unbekanntes. Dann muss ich natürlich auch noch schauen, dass die Stücke in den thematischen Kontext passen. Das Ziel ist nicht nur geistliche Musik, obwohl meine Zuhörer vielleicht gerade die von mir erwarten. Meine Überleitungstexte formuliere ich zuvor schriftlich, immerhin muss ich 120 Minuten Sendezeit füllen, wobei ich die Länge der Musikstücke ja vorher kenne, die erläuternden Texte aber müssen zeitlich passen. Zum Glück werden diese Sendungen vorproduziert. Das schont die Nerven.
Wie sind Sie zum Kenner und Liebhaber von Musik geworden?
Feldhoff: Mit einem sehr guten Musikunterricht in der Schule, in der geradezu eine Musikkultur gepflegt wurde: mit großem Chor und Schulorchester.
Favorisieren Sie eine Lieblingsrichtung?
Feldhoff: Zeitlebens hatte ich eine besondere Affinität zur Klaviermusik. Das ist geblieben. Daraus ergibt sich schon mal eine Chopin-Phase und dann wieder eine, in der ich nur Barockmusik höre. Ein anderes Mal ist es Liszt, den ich auch schon mal auflege. Und dann kann es auch sein, dass ich wochenlang gar nichts höre. Das schwankt. Auf keinen Fall aber höre ich Musik bei der Arbeit, beim Lesen oder beim Konzipieren von Predigten. Das sind für mich jeweils getrennte Welten. Bei Musik will ich nicht abgelenkt sein, sondern richtig zuhören können.
Was hat es mit der Mendelssohn-Motette "Denn er hat seinen Engeln befohlen…" eigentlich auf sich? Es ist schon auffällig, dass sie immer bei besonderen Anlässen – zuletzt bei Ihrem Goldenen Priesterjubiläum - im Dom erklingt und zum festen Repertoire aller Chöre gehört.
Feldhoff: Ja, die ist für mich etwas ganz Besonderes. Selbst habe ich das Stück 1976 zum ersten Mal gehört, als die Kardinäle Frings und Höffner ihre runden Geburtstage miteinander feierten: Der Eine wurde 90, der Andere 70. Zu diesem großen Fest, das die Deutsche Bischofskonferenz erst mit einer Messe im Dom, dann mit einer anschließenden Feier im Kölner Rathaus ausrichtete, sangen die Regensburger Domspatzen unter der Leitung von Georg Ratzinger, dem Bruder des späteren Papstes. Mit dieser Musik der Romantik ist Domkapellmeister Ratzinger damals groß rausgekommen. Und ich habe sie nie wieder vergessen. Als ich dann Jahre später einmal mit unserem neuen Kölner Domkapellmeister Eberhard Metternich bei einem Abendessen zusammen saß, bat ich ihn, dieses Stück doch ebenfalls einzuüben, damit es eines Tages auf meiner Beerdigung gesungen werden könne. Diese Musik hatte mich doch sehr nachhaltig bewegt. Mittlerweile beherrschen alle Chöre am Dom diese Motette. Ich bin ja sonst eher der coole Typ, aber wenn ich diese Musik höre, bin ich jedes Mal zutiefst bewegt. Der 91. Psalm in dieser Vertonung ist Ausdruck meines Glaubens. Deshalb liebe ich diese Komposition auch so. Alle – auch im Domkapitel – wissen: Das ist mein Stück. Das ist gewissermaßen schon ungeschriebenes Gesetz.
Mitte der 70er Jahre also mussten Sie zu einem außergewöhnlichen Fest fremde Chöre zur feierlichen Liturgiegestaltung "einfliegen"? Das wäre heute doch undenkbar…
Feldhoff: Ich sage es ungern, aber die Dommusik war damals in einem bedauernswerten Zustand. Es gab große Nachwuchsprobleme beim Kölner Domchor und auch massive Qualitätseinbußen, obwohl bereits vor meiner Zeit Überlegungen für ein Jungeninternat mit der gezielten Förderung nachwachsender Sängergenerationen angestellt worden waren. Immer wieder wurden verschiedene Standorte für eine solche Einrichtung geprüft, denn auch Kardinal Höffner war an dem konzentrierten Aufbau eines musikalischen Nachwuchses und einer Musikkultur für die Liturgiefeiern im Dom interessiert. Dabei sind wir sogar bis nach London gefahren, um uns den Westminster Cathedral Choir anzuschauen, der uns damals als Vorbild diente. Heute bin ich froh und dankbar, dass wir die Kölner Domsingschule mit ihrem hoch engagierten Lehrpersonal haben und sich so viele Kinder und Jugendliche von dieser dort gelebten Leidenschaft für Musik anstecken und berühren lassen, um sich aus Überzeugung und mit viel persönlichem Fleiß in den liturgischen Dienst am Kölner Dom zu stellen. Die Mitgliedschaft in den Chören fordert ja nicht nur ein besonderes Maß an Beständigkeit und Ausdauer, sondern auch eine ebenso große Bereitschaft der Eltern und Großeltern, mitunter die Planungen von Freizeit, Urlaub und Hobbys hinten an zustellen, um ihre Kinder bei diesem zeitintensiven Einsatz zu unterstützen. Das ist nicht hoch genug zu schätzen. Und es macht mich überaus dankbar. Aber nur auf dieser Grundlage geht das von Professor Metternich entwickelte Konzept einer erfolgreichen Probenarbeit auf, die sich nicht nur bei Gottesdienstfeiern und Konzerten im Dom, sondern auch mit zahlreich bisher erfolgten Platzierungen und Preisen bei Gesangswettbewerben auszahlt. Letztlich ist es das Verdienst von Eberhard Metternich, Domkantor Oliver Sperling und dem Leiter der Musikschule, Winfried Krane, dass die Kölner Dommusik, wie wir sie heute haben, nicht nur als schmückendes Beiwerk erlebt wird.
Also sind Sie mit der Entwicklung der letzten Jahre zufrieden…
Feldhoff: Zufrieden ist gar kein Ausdruck. Ich bin glücklich. Ich hoffe, das auch schon oft genug gesagt zu haben. Ende der 70er Jahre hätte ich mir nicht im Traum vorstellen können, wie sich die Dommusik – namentlich die Knaben – einmal entwickeln würden. Natürlich gilt mein Lob auch der Domkantorei Köln und dem Vokalensemble Kölner Dom. Ganz zu schweigen von den Mädchen, die eine spitzenmäßige Entwicklung genommen haben. Letztlich habe ich daran nur einen minimalen Anteil, indem ich mit der Realisierung der Domsingschule die Wege dafür geebnet habe. Es war ein Glücksfall – und dafür werde ich immer dankbar sein -, dass vor über 25 Jahren in diesem Lindenthaler Chorzentrum die richtigen Leute aufeinander getroffen sind, sich wunderbar untereinander ergänzen - und das auch noch völlig konfliktfrei. Das hat man nicht so oft.
Apropos: Sie sind von Anfang an einer der großen Fürsprecher eines Mädchenchores gewesen, als diese Idee an Sie in Ihrer Eigenschaft als Generalvikar herangetragen wurde, und haben sich tatkräftig für dessen Gründung stark gemacht…
Feldhoff: Das ist kein Geheimnis: Ich liebe alle Sängerinnen und Sänger am Dom, aber die Mädchen noch einmal ganz besonders. Dazu stehe ich. Seit seiner Gründung vor nun mehr als 25 Jahren hatte der Mädchenchor einen kometenhaften Aufstieg. Mit viel Lobbyarbeit hat Domkantor Oliver Sperling aus den heute über 140 Sängerinnen im Alter zwischen zehn und 20 Jahren ein Ensemble mit Spitzenniveau und einen der profiliertesten Kathedral-Mädchenchöre Europas gemacht. Das ist ein kostbarer Schatz, der mit viel Pionierarbeit verbunden ist. Denn 1989 war der Mädchenchor noch einer der wenigen weiblichen Kathedralchöre überhaupt. Seiner Gründung ging die Idee voraus, ein den Knaben vergleichbares musikalisches und pastorales Angebot auch für die Mädchen zu schaffen. Denn in dieser Chorgemeinschaft geht es ja um beides. Heute wird das Engagement der Mädchen regelmäßig mit Preisen und Auszeichnungen belohnt. Sie erlauben, dass auch ein Dompropst darauf stolz ist.
Gab es nicht zunächst Widerstände im Kapitel?
Feldhoff: Nach anfänglichen Vorbehalten ließen sich auch die übrigen Domkapitulare schnell mit ins Boot holen. Und schon bald überzeugte einfach die Qualität des Ensembles. Musikhistorisch und kirchenmusikalisch war das, was heute der Mädchenchor macht, lange Zeit gar nicht vorgesehen. Schließlich ist auch die Literatur für Frauenstimmen äußerst begrenzt. Doch da hat sich Oliver Sperling im Verlauf der Jahre immer wieder etwas Neues einfallen lassen oder einfach selbst Kompositionen für seine Sängerinnen geschrieben.
Die Einweihung der Kölner Domsingschule 1986 mit koedukativem Konzept erweist sich rückblickend als eine Art Grundsteinlegung des Mädchenchores. Auch die Mädchen sollten die Möglichkeit haben, in die Liturgie hineinwachsen zu können, im Dom zu singen und Chorfahrten sowie Konzertreisen zu unternehmen. Diese Rechnung ist aufgegangen. Von dem Erfolg dieses Konzeptes musste ich selbst nicht lange überzeugt werden. Heute haben wir eine konstruktive Koexistenz beider Chöre, die beispielhaft ist und unsere Dommusik ungemein bereichert. Nach zweieinhalb Jahrzehnten ist der Mädchenchor auch aus der bundesweiten Chorlandschaft einfach nicht mehr wegzudenken. Dass er mit der Entscheidung zu einem Neubau im Bereich Clarenbachstraße/Brucknerstraße in der Verbindung zwischen Liebfrauenschule, Kirche Christi Auferstehung und Kardinal-Höffner-Haus in den kommenden Jahren auch einen richtigen Chorsaal erhält, der auf Zukunft hin ein gutes Zuhause für gemeinsames Proben und Musizieren werden möge, könnte man dabei fast als ein nachträgliches Geburtstagsgeschenk zum 25. Bestehen des Chores im letzten Jahr bezeichnen.
Haben Sie bei so viel Glück überhaupt noch offene Wünsche?
Feldhoff: Weniger musikalisch. Aber eine zusätzliche Verwaltungskraft hätte ich gerne der Dommusik noch beschert. Vielleicht schaffen wir es für die Zukunft, zusätzliche Finanzmittel über die Kulturstiftung Kölner Dom für eine solche Stelle bereit zu stellen. Das wäre mir noch ein Anliegen. Ansonsten bin ich eher wunschlos glücklich. 2016 ist das Berlioz-Requiem mit den Domchören als WDR-Übertragung geplant. Das wird noch einmal ein Höhepunkt. Die großen Totenmessen von Berlioz und Verdi eignen sich nicht für die Liturgie, aber als große geistliche Musik sind sie ganz wunderbare Konzertereignisse. Darauf freue ich mich schon jetzt. Ja, und dann hatte ich einmal die Freude, die lettische Organistin Ivetta Apkalna kennenzulernen, deren Auftritt mir Professor Winfried Bönig bei einer unserer Orgelfeierstunden geschenkt hat. Was will ich mehr…
Danke für das Stichwort. Zur Dommusik gehören schließlich nicht nur die Chöre. Auch die Orgelfeierstunden sind ein Teil von ihr und in ihrer Konzeption mit freiem Eintritt europaweit konkurrenzlos…
Feldhoff: Über 50 Jahre existiert jetzt schon dieser Zyklus, der vom damaligen Domorganisten, Professor Alois Zimmermann, installiert wurde. Zunächst hat er die Konzerte alle selbst gespielt. Mittlerweile finden die zwölf Konzerte während der Sommerwochen mit renommierten Interpreten aus der ganzen Welt statt – diese Tradition hat sein Nachfolger, Professor Clemens Ganz, dann eindrucksvoll fortgeführt; sogar aus Südafrika und den USA sind Musiker schon angereist, um im Kölner Dom Orgel zu spielen. Da trifft Professor Bönig, der selbst ein fantastischer und international anerkannter Organist ist, immer die richtige Wahl. Angebot und Qualität sorgen regelmäßig für einen rappelvollen Dom, und die Finanzierung dieser Abende trägt sich durch Spenden. Auch für die Stadt ist das ein großartiges Kulturangebot und in seiner Konzeption einmalig.
Können Sie das bisher für Sie größte musikalische Erlebnis im Dom benennen?
Feldhoff: Es gab schon so viele große Musikerlebnisse im Dom. Frisch in Erinnerung aber ist mir noch das letzte Konzert der Reihe "Geistliche Musik am Dreikönigenschrein" Anfang Januar, als das Vokalensemble gemeinsam mit der Hofmusik Düsseldorf unter Eberhard Metternich zum Dreikönigstag unter anderem die 5. Kantate aus Bachs Weihnachtsoratorium gesungen hat und alle Zuhörer auf meine Bitte hin anlässlich der aktuellen Schreckensnachrichten von den Morden in Frankreich erst einmal inne gehalten und dann ein "Vater unser" gesprochen haben. Das war ein absolut bewegender Abend für mich. So wie auch die Verabschiedung von unserer Dombaumeisterin Professor Barbara Schock-Werner. Gemeinsam mit Herrn Metternich hatte ich die Idee zu einem Konzert mittelalterlicher Musik aus dem 13. Jahrhundert mit den Musikern von Ars Choralis Coeln, zu dem mich die musizierenden Engel im Hochchor inspiriert haben. Dieser geschichtliche Dreiklang aus Architektur, Plastik und Musik, die auf original mittelalterlichen Instrumenten gespielt wurde, war eine ganz einmalige Geschichte, aus der auch eine CD entstanden ist. So ein glückliches Zusammentreffen von Menschen mit den entsprechenden Möglichkeiten zur Umsetzung einer solchen Idee kann wohl als Sternstunde bezeichnet werden. Und so etwas hat es im Dom immer wieder gegeben.
Einmal provokant gefragt: Halten Sie es angesichts des neuen römischen Windes und den Forderungen nach Bescheidenheit und Rückkehr zu den Kernbotschaften und -zielen der Kirche überhaupt noch für vertretbar, ein bestimmtes Budget in die Kirchenmusik zu investieren?
Feldhoff: Da halte ich es gerne mit dem Grazer Bischof Capellari, der sinngemäß einmal gesagt hat: "Eine arme Kirche für die Armen bedeutet nicht, dass die Kunst aus den Kathedralen verschwinden muss." Auch für mich ist das kein Widerspruch. Außerdem glaube ich, dass das bei uns noch in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander steht. Man kann mit Musik und Kunst die Herzen der Menschen öffnen. Von daher kann beides eine Hilfe sein, die Botschaft Gottes den Menschen nahe zu bringen. Meines Erachtens wäre es völlig falsch, auf Kunst als Angebot zu verzichten. Allerdings weiß ich von Gruppierungen in der Kirche, die diesbezüglich viel radikaler argumentieren. Aber das kann nicht die Grundlinie der Kirche sein.
Sie haben schon einmal Abschied vom Amt des Generalvikars genommen und damit gleichzeitig von über 600 teils engen Mitarbeitern. Nun gilt es, die Verantwortung als Dompropst in jüngere Hände zu geben. Wie sieht Ihre momentane Geistesverfassung aus?
Feldhoff: Ich bin ja weiter am Dom, von daher bleibt diese emotionale Seite. Die Liturgie, die Musik oder die Orgelkonzerte wird es ja weiterhin für mich geben. Aber ich bin froh, dass ich von nun an keine Verantwortung mehr haben werde und diese Last von mir genommen ist. Nach 40 Jahren in Spitzenverantwortung wird es nun ruhiger werden. Schließlich merke auch ich mein Alter und weiß, dass ich nicht mehr so kann wie früher. Ich verlasse den Dom mit mehr offenen Baustellen als zu der Zeit, als ich mein Amt angetreten habe. Es gibt diverse Bauvorhaben, die Probleme mit dem Dombaumeister, die tropfende Decke in der Dombauhütte, und auch die Einflüsse des U-Bahn-Baus auf den Dom sind noch nicht abschließend geklärt. Aber jetzt ist es an der Zeit, dass andere das Ruder übernehmen. Darauf lege ich geradezu Wert. Denn sicher war mein Einsatz manchmal für die anderen Domkapitulare auch eine Art Blockade, sich gleichermaßen zu engagieren.
Was kommt im Ruhestand nun auf Sie zu? Was macht ein Dompropst a. D.?
Feldhoff: Ich habe eine große Sehnsucht nach Ruhe. Ehrlich gesagt, freue ich mich auf die vor mir liegende Zeit. Ich werde hoffentlich eine kleinere Wohnung beziehen. Dabei muss ich natürlich noch überlegen, was ich dann mit meinen Stapeln an CDs mache. Ich denke, ich werde mein Leben nun in Ruhe genießen – im Vertrauen darauf, dass mich "Engel begleiten auf allen meinen Wegen…" Bislang habe ich viele Jahre an der Hirtenaufgabe teilgenommen. Von nun an möchte ich nur noch eines unter vielen Schafen sein.