Merkel wirbt für Rettungspaket - Hengsbach vermutet Komplizenschaft mit Bankwirtschaft

Zum Wohle des Volkes?

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat im Bundestag mit Nachdruck für das 500-Milliarden-Euro-Rettungspaket der Bundesregierung zur Eindämmung der Finanzmarktkrise geworben. Die Regierung handele dabei zum Schutz der Bürger und nicht zum Schutz von Bankinteressen. Der katholische Sozialethiker Hengsbach vermutet dagegen eine Komplizenschaft von Politik und Bankwirtschaft.

 (DR)

In einer Regierungserklärung vor dem Bundestag in Berlin hat Bundeskanzlerin Angela Merkel versucht die Notwendigkeit des Rettungspakets zu verdeutlichen. Die Weltwirtschaft erlebe derzeit ihre schwerste Bewährungsprobe seit den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts, sagte Merkel. In der vergangenen Woche seien die Geldmärkte faktisch funktionsunfähig gewesen, und der Kurssturz an den Aktienmärkten hätte eine «verhängnisvolle Spirale in Gang setzen können.

Auch sei das dringend notwendige Vertrauen zwischen den Finanzmarktteilnehmern noch weiter erodiert, fügte Merkel hinzu. Kaum ein Institut sei noch bereit gewesen, einem anderen Geld zu leihen. Das gegenseitige Misstrauen habe die Akteure »fast vollständig gelähmt - mit unabsehbaren Folgen für Wachstum und Arbeitsplätze«.

In dieser Situation habe die internationale Gemeinschaft handeln müssen und habe gehandelt. Mehrere Regierungen hätten am Montag abgestimmte Maßnahmen eingeleitet. Auch Deutschland habe innerhalb kürzester Zeit ein Maßnahmenpaket in bislang unbekannter Größenordnung auf den Weg gebraucht. Der Staat sei die einzige Instanz, um das Vertrauen zwischen den Banken wiederherzustellen. »Wir kommen damit unserer Pflicht nach, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden«, betonte die Regierungschefin.

Merkel verwies darauf, dass nach dem Rettungspaket als »zweiter Baustein«internationale Regeln für die Finanzmärkte folgen müssten, um »derart entfesselte Entwicklungen" in Zukunft zu vermeiden. Sie forderte eine stärkere Rolle des Internationalen Währungsfonds (IWF) und mehr Transparenz bei den gehandelten Produkten. Darüber wollten die führenden Industrienationen noch in diesem Jahr auf einem G8-Treffen auch mit Vertretern der Schwellenländer beraten. Von der Kreditwirtschaft forderte Merkel eine konstruktive und selbstkritische Haltung. Die Gefahr sei noch nicht gebannt.

Sozialethiker Hengsbach kritisiert Banken-Rettungspaket
Der katholische Sozialethiker Friedhelm Hengsbach hat dagegen das Banken-Rettungspaket der Bundesregierung als riskant kritisiert. «In dem Milliardenpaket sind Aufputschmittel enthalten, um das, was in die Krise geführt hat, fortzusetzen», sagte der emeritierte Professor für Christliche Sozialwissenschaft der «Stuttgarter Zeitung». «Dieses Paket schützt nicht den Sparer, sondern die für die Krise verantwortlichen Banken.»

Es gebe vier Prominente unter den Hauptverursachen der Krise:
Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, Commerzbank-Chef Martin Blessing, den Präsidenten des Bankenverbandes, Klaus-Peter Müller, und den Finanzchef der Allianz, Paul Achleitner. «Es ist auffällig, dass die vier Herren mit am Tisch saßen, als das 500-Milliarden-Paket geschnürt wurde», sagte Hengsbach. Es gebe also eine wechselseitige Komplizenschaft.

Hengsbach beklagte, dass Pläne für eine Neuordnung der Finanzmärkte derzeit nicht zu sehen seien. «Jetzt heißt es wieder: Wir müssen erst die Krise pragmatisch bewältigen, und dann kommt der neue Ordnungsrahmen», sagte der Sozialethiker. «Der kommt nicht, so fürchte ich.»

Auch die Worte von Papst Benedikt XVI., dass das Geld nichts sei, kritisierte Hengsbach: «Ich finde, man sollte da Geld nicht dämonisieren. Wir brauchen es jeden Tag.» Aber es sei nicht der Sinn der Geldwirtschaft, dass die einfachen Leute das Spiel der Aktionäre erarbeiten.