Kardinal Glemp wird 80 und tritt als Polens Primas ab

Ein Museum zum Geburtstag

Kardinal Jozef Glemp, seit 1981 Primas der katholischen Kirche Polens, wird am Freitag 80 Jahre alt. Tags darauf übergibt er das Primasamt an Erzbischof Henryk Muszynski von Gnesen. Glemps Abschied in den Ruhestand gilt in der Kirche des Landes als größter Einschnitt seit dem Tod von Papst Johannes Paul II. vor viereinhalb Jahren.

Autor/in:
Oliver Hinz
 (DR)

Polens Primas Kardinal Jozef Glemp wird 80. Und wer bekommt schon zum Geburtstag eine Art eigenes Museum? In seiner zentralpolnischen Geburtsstadt Inowroclaw weiht er ein nach ihm benanntes Kulturinstitut ein, in dem zahlreiche Erinnerungsstücke wie Gemälde und Gedenkmünzen ausgestellt werden.

Auch Warschau würdigt das Ehrenoberhaupt der katholischen Kirche Polens. Der Stadtrat benannte am Sonntag einen Platz in der Nähe von Glemps Wohnung im Stadtteil Wilanow in «Primasplatz» um. Am liebsten hätten ihm die Kommunalpolitiker schon jetzt den Namen «Jozef-Glemp-Platz» gegeben - aber das geht erst frühestens fünf Jahre nach seinem Tod, erklärte der Vorsitzende des Stadtrats.

Großer Trubel liegt ihm nicht
Großer Trubel liegt dem Primas ohnehin eher nicht. In den 28 Jahren in diesem Amt gab er sich stets bescheiden, wenn es um seine Person ging. Einen Tag nach seinem Geburtstag gibt er den Primastitel ab - so wie es Papst Benedikt XVI. Ende 2006 festlegte.

Der Entschluss, Priester zu werden, hing bei Glemp eng mit dem Zweiten Weltkrieg zusammen. Ihn beeindruckte, wie mutig damals ein katholischer Pfarrer in Inowroclaw trotz der Unterdrückung durch die deutschen Besatzer die Seelsorge aufrecht erhielt. Glemp musste während des Krieges auf einem deutschen Bauernhof arbeiten, durfte weder Gottesdienste noch die Schule besuchen - obwohl er erst vier Klassen absolviert hatte. «Aufgewachsen bin ich in sehr schwierigen Umständen», sagte er unlängst. Seine Familie sei sehr arm gewesen.

Nachfolger des «Primas des Jahrtausends»
Papst Johannes Paul II. (1978-2005) entsprach 1981 mit der Berufung von Glemp zum Primas quasi dem letzten Willen von Kardinalprimas Stefan Wyszynski (1901-1981). Wyszynski schätzte seinen engen Mitarbeiter, den er 1967 in seine Kanzlei aufnahm, bis er 1979 Bischof von Warmia (Ermland) wurde. Glemp verfolgte zwar dieselben Ziele wie sein Vorgänger, der in Polen als «Primas des Jahrtausends» verehrt wird, wenn auch nicht immer mit demselben sicheren Gespür.

Seine erste schwere Prüfung kam nur fünf Monate nach Amtsantritt: Die kommunistische Staatsführung verhängte das Kriegsrecht im Kampf gegen die Gewerkschaft Solidarnosc. Panzer fuhren auf. Glemps erste Reaktion fiel in den Augen vieler Katholiken zu milde aus. Zu sehr klang sie um ein Flehen um Frieden um jeden Preis. Erst später rief er in einem Hirtenbrief zum Widerstand auf: nach Meinung mancher Beobachter zum passiven Wiederstand, nach der Interpretation eines Historikers aber auch indirekt zum bewaffneten Widerstand. Zumindest zitiert einer der führenden Historiker, Norman Davies, in dem Standard-Werk «Im Herzen Europas. Geschichte Polens» den polnischen Oberst Wislicki vom April 1982 mit den Worten: «Der Hirtenbrief vom 19. Januar, der in allen Kirchen verlesen werden sollte ... war ausgesprochen heimtückisch, denn er rief ... zum bewaffneten Widerstand auf. vielleicht nicht direkt, aber es gab Aussagen, die so verstanden werden konnten.»
Beteiligung an Freilassung Walesas
Erfolgreich drängte Glemp in Verhandlungen mit den Machthabern auf eine Freilassung des Solidarnosc-Gründers Lech Walesa. Kritik brachte ihm ein, dass er nach dem Tod von Johannes Paul II. nicht sofort seine Dienstreise nach Südamerika abbrach. Die größeren Sympathien des Kirchenvolkes lagen laut Umfragen zuletzt mehr beim eher liberaleren Krakauer Kardinal und einstigen Papstsekretär Stanislaw Dziwisz als beim Primas. Glemp prangerte häufig die Übernahme liberaler Ideen als «gefährliche Früchte des Paradieses Westen» an. Gleichwohl versuchte Glemp - unter dem beharrlichen Einfluss Johannes Paul II. - sein Land zu einer bewussten Öffnung nach Europa zu führen.