Kolumbiens Kirche bietet nach Erfolg weitere Vermittlung mit Rebellen an

"Kriege unter Brüdern sind schwer zu beenden"

In Kolumbien hat die Guerillaorganisation FARC einen vor einem Jahr entführten Soldaten freigelassen. Zum ersten Mal seit Jahren konnte die katholische Kirche damit erfolgreich in dem Konflikt vermitteln. "Ein Sieg der Menschlichkeit", so Weihbischof Juan Vicente Cordoba Villota.

 (DR)

KNA: Die erste der beiden Geiseln, über deren Freilassung die Kirche verhandelt hat, ist wieder bei ihrer Familie. Wie war Ihre erste Reaktion, als sie den Soldaten erstmals wieder in Freiheit sahen?
Cordoba: Ich fühle eine tiefe Befriedigung nach all den Wochen der harten Verhandlungen. Es ist ein Sieg der Menschlichkeit. Jetzt hoffen wir, dass am Dienstag die Freilassung der zweiten Geisel ebenfalls klappt.

KNA: Mit welchen Schwierigkeiten war die Kirche in den Verhandlungen konfrontiert?
Cordoba: Es war schwierig einen Ansprechpartner zu finden, denn die FARC hat bislang ausschließlich über Internet oder über die Senatorin Piedad Cordoba kommuniziert. Zudem gab es von den verschiedenen Seiten immer wieder neue Bedingungen, die den Prozess bedrohten und verlangsamten.

KNA: Wann haben die Verhandlungen begonnen?
Cordoba: Der kolumbianische Staatspräsident hat die Kirche Ende August 2009 in einem Schreiben gebeten, die Vermittlungsrolle mit dem Ziel zu übernehmen, eine humanitäre Lösung für die beiden Geiseln zu finden. Josue Calvo ist schwer verletzt, Pablo Emilio Moncayo bereits seit über zwölf Jahren in Gefangenschaft. Die Senatorin Cordoba stand bereits zuvor in Kontakt mit dem Präsidenten der Kolumbianischen Bischofskonferenz.

KNA: Wer hat alles an der Freilassung mitgewirkt?
Cordoba: Neben der Senatorin Cordoba und der Organisation "Kolumbianer für den Frieden" auch das Internationale Rote Kreuz und Bischof Leonardo Gomez Serna, der auch die Geiseln als Repräsentant der katholischen Kirche entgegennehmen wird.

KNA: Sehen Sie durch die gelungene Vermittlungsaktion der Kirche eine Chance für einen neuen Friedensprozess in Kolumbien?
Cordoba: Einen Krieg unter Brüdern zu beenden, ist immer besonders schwierig. In diesem Konflikt spielen so viele Faktoren eine große Rolle, nicht zuletzt der mächtige Einfluss des Drogenhandels. Die Kirche steht zur Verfügung, zwischen allen beteiligten Gruppen, der Guerilla, den Paramilitärs, den Kartellen und dem Staat zu vermitteln. Eine friedliche Lösung ist der einzige Ausweg.

KNA: Wie kann Europa dabei helfen?
Cordoba: Europa hilft der katholischen Kirche bereits seit Jahren durch seine intensive Unterstützung der verschiedenen kirchlichen Einrichtungen. Die Fortsetzung dieser Unterstützung wird auch in Zukunft einen wesentlichen Anteil an einer erfolgreichen Vermittlung der kolumbianischen Kirche ausmachen.

Das Gespräch führte Tobias Käufer.