Katholische Kirche sieht Wandel in Birma

"Die Angst ist jetzt weg"

Entwicklungsminister Dirk Niebel war bei seinem gerade beendeten Birma-Besuch voll des Lobes: Das Land sei "auf einem guten Weg" und öffne sich nach jahrzehntelanger Militärdiktatur. Diesen Eindruck kann auch die katholische Kirche bestätigen. Heinrich Geiger, Referatsleiter Asien beim Katholischen Akademischen Ausländer-Dienst, ist gerade von einer zweiwöchigen Reise aus dem südostasiatischen Land zurückgekehrt. Die Kirche in Deutschland könne den Wandel in Birma künftig stärker fördern, hofft er.

Autor/in:
Christoph Arens
Aung San Suu Kyi - frühere Regimegegnerin im Wahlkampf (KNA)
Aung San Suu Kyi - frühere Regimegegnerin im Wahlkampf / ( KNA )

KNA: Herr Geiger, was tut der KAAD, der ausländische Studierende fördert, in einem Land, das Jahrzehnte so stark von einer brutalen Diktatur geprägt war?

Geiger: Der KAAD ist schon seit 1993 in Kooperation mit der Diözese Regensburg und thailändischen katholischen Universitäten in Birma präsent. Seitdem haben wir rund 70 Stipendiaten gefördert. Viele von ihnen haben im thailändischen Bangkok studiert - derzeit sind es 17, davon 12 an einer katholischen Ordenshochschule. Einige wenige konnten auch nach Deutschland kommen, was das Ziel der Förderungsarbeit des KAAD ist.



KNA: Das Militärregime galt als Musterbeispiel dafür, wie sich ein Land abschotten kann. Wie war da eine Förderung möglich?

Geiger: Rund sechs Prozent der Einwohner des buddhistisch geprägten Landes sind Christen, es gibt rund 655.000 Katholiken. Sie wurden unter der Militärregierung massiv benachteiligt und missachtet und hatten keinen Zugang zum Staatsdienst oder dem höheren Bildungssystem. Zugleich ließ das Regime aber den kirchlichen Binnenraum weitgehend in Ruhe; so konnten wir wenigsten einige birmanische Katholiken fördern.



KNA: Was war der Zweck Ihrer Reise?

Geiger: Der Wandel hat zu einem richtigen Run auf Birma geführt.

Politiker und Wirtschaftsleute aus aller Welt wollen jetzt Beziehungen knüpfen und Geschäfte machen. Unsere Bildungsarbeit in Birma ist demgegenüber tief verwurzelt. Unsere Stipendiaten können dazu beitragen, dass das Land sich langfristig ändert und die Zivilgesellschaft stark wird. Sie können sozusagen change agents sein, Agenten des Wandels. Deshalb haben wir am 4./5. Februar in den Räumen der Bischofskonferenz der Hauptstadt einen Zusammenschluss unserer Stipendiaten gegründet. Damit kann auch die Rolle der Kirche in den Wandlungsprozessen der Gesellschaft gestärkt werden. Denn Bildung ist ja eine wichtige Ressource in solchen Zeiten.



KNA: Hat sich das Land wirklich seit dem vergangenen Jahr so stark gewandelt?

Geiger: Einerseits warne ich vor Euphorie: Von Demokratie kann man noch nicht sprechen. Die Reformen sind auch noch keineswegs gefestigt. So haben mir Stipendiaten berichtet, dass Studenten gehindert wurden, zu Wahlveranstaltungen der Opposition zu gehen, indem kurzfristig Prüfungstermine anberaumt wurden.



KNA: Und andererseits?

Geiger: Die birmanische Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi hat einmal erklärt, dass die Bürger am meisten unter der dauernden Angst vor Unterdrückung und Gewalt gelitten haben. Man konnte jederzeit in einem der Gefängnisse oder brutalen Arbeitslager verschwinden. Diese Angst ist jetzt weg, wie mir Priester und Stipendiaten erleichtert erzählt haben. Die Menschen sprechen offen, besinnen sich auf ihre Fähigkeiten. Das Internet ist frei zugänglich - ein wichtiger Faktor dafür, dass sich das Bewusstsein der Jugend ändert. Diesen Eindruck haben auch die Gespräche mit den Erzbischöfen Paul Zinghtung Grawng, Erzdiözese Mandalay und Erzbischof Charles Maung Bo, SDB, Erzdiözese Yangon bestätigt.



KNA: Welche Rolle will der KAAD künftig in Birma spielen?

Geiger: Ich bin auf meiner Reise auch mit einer hohen Beamtin des Planungsministeriums zusammengetroffen und habe deutlich gemacht, dass die Kirche einen Beitrag zur Entwicklung des Landes leisten will. Die Katholiken vor Ort haben zu schlechte Erfahrungen mit der Regierung gemacht; da ist es gut, wenn Katholiken aus dem Ausland das internationale Interesse am Reformprozess bekunden und eine Vermittlungsrolle einnehmen. Wir würden natürlich gern auch unsere Förderung in Birma ausbauen. Dazu bräuchten wir aber weitere Finanzgeber nach dem Beispiel der Diözese Regensburg.