Papst Benedikt XVI. wird erstmals die Toskana besuchen

Zwei Premieren in Arezzo

Arezzo erlebt am Sonntag zwei Premieren: Benedikt XVI. stattet als Papst der viertgrößten Stadt der Toskana erstmals einen Pastoralbesuch ab. Und für den gleichen Tag hat auch Italiens Ministerpräsident Mario Monti seine Antrittsvisite angesetzt.

Autor/in:
Agathe Lukassek
Papst Benedikt XVI. feiert den Abschluss seines Mexiko-Besuchs (KNA)
Papst Benedikt XVI. feiert den Abschluss seines Mexiko-Besuchs / ( KNA )

Das wie ganz Italien von der Wirtschaftskrise getroffene Zentrum der Schmuckindustrie und des Goldschmiedehandwerks freut sich über die Aufmerksamkeit, die ihm dadurch widerfährt. In den vergangenen vier Jahren sei die Armut in der Diözese Arezzo-Cortona-Sansepolcro so sehr gewachsen, dass jede vierte Familie Probleme habe, mit ihrem Geld bis zum Monatsende auszukommen, berichtet Erzbischof Riccardo Fontana.



Benedikt XVI. beginnt seine 26. inneritalienische Reise mit einem großen Gottesdienst vor dem San-Donato-Dom von Arezzo. Ähnlich wie bei vergangenen Reisen begibt sich der 85-Jährige nach der Messe an einen ruhigen Wallfahrtsort. Mitten in der rauen und wilden Natur des Casentino-Gebirgstals, rund 45 Kilometer nördlich von Arezzo, besucht der Papst das Franziskus-Heiligtum auf dem Berg La Verna.



Graf Orlando von Chiusi della Verna soll von den Predigten des Bettelmönchs Franz von Assisi (1181/82-1226) so beeindruckt gewesen sein, dass er ihm 1213 den ganzen Berg schenkte und ein erstes Kirchlein auf diesen Felsen errichtete. Tatsächlich wanderte Franziskus mehrmals von Assisi in das mehr als 100 Kilometer entfernte La Verna, um sich für längere Zeit zur Meditation zurückzuziehen. Dort soll er nach 40-tägigem Fasten am 17. September 1224 der Überlieferung nach am Himmel einen gekreuzigten Seraphen gesehen und anschließend an seinem eigenen Körper die Wundmale Christi entdeckt haben.



Zu Besuch bei Bonaventura

Nach dem Tod des heiligen Franz wurde die Stelle seiner Stigmatisierung immer mehr zum Pilgerort ausgebaut. Von einem gepflasterten Platz mit einem riesigen Holzkreuz aus kann der Besucher auf die Jahrhunderte lang von den Franziskanern gepflegten Wälder sehen, die heute Teil eines Nationalparks sind. Wie zur Zeit des Heiligen leben dort auch heute noch Wölfe.



Für Benedikt XVI. hat La Verna noch eine andere Bedeutung, auf die er bei einem früheren Besuch 1988 verwies: Der Ort inspirierte den Kirchenlehrer Bonaventura (1221-1274), über dessen Werk sich Joseph Ratzinger habilitierte, zu seinem mystischen Hauptwerk, dem "Reisebericht des Geistes zu Gott". Hier will der Papst am späten Nachmittag mit den franziskanischen Männer- und Frauengemeinschaften der Toskana zusammentreffen und eine Ansprache halten.



"Nahrung für Wachstum"

Letzte Etappe Benedikts XVI. bei seinem eintägigen Toskana-Besuch ist Sansepolcro. Am Abend kommt er in jene Gemeinde, die im Jahr1012 - noch einige Jahrzehnte vor den Kreuzzügen - von den heimgekehrten Heilig-Land-Pilgern Arcano und Egidio gegründet wurde. Mit dem Aufbau eines "anderen kleinen Jerusalem" wollten diese Frieden und Gerechtigkeit fördern, erzählt Don Alberto Gallorini, der seit zehn Jahren Pfarrer der Kathedrale von Sansepolcro ist. Den tieferen Sinn dieser christlichen Wurzeln und der Verbindung zu Jerusalem solle der Papst der Bevölkerung anlässlich der 1.000-Jahr-Feier auslegen. Der Papst komme schließlich nicht als Tourist in die 16.000-Seelen-Gemeinde, so der 62-jährige Pfarrer.



Der Dompfarrer hofft, dass der Papst angesichts der wirtschaftlich schweren Zeit für die Toskana mit seinen Ansprachen "in uns die Hoffnung stärkt und uns hilft, den Ärmsten beizustehen". Und Erzbischof Fontana hält für sehr wahrscheinlich, dass der Benedikt XVI. in Arezzo nicht nur den Einsatz der Kirche für die Gesellschaft ansprechen, sondern auch an die Politik appellieren werde.



Auch Bürgermeister Giuseppe Fanfani hofft, dass die Bewohner Arezzos aus den Worten des Papstes und der Präsenz Montis eine Art "Nahrung für Wachstum" ziehen können. Sie seien "extrem aktive und vielseitige" Menschen, die sich von Wirtschaftskrise eher zu Neuem anregen statt unterkriegen ließen.