ComECE zur politischen Krise Griechenlands

"Eurozone nicht gefährdet"

Eine Woche nach der Parlamentswahl steht fest: Griechenland wird neu wählen. Ein Austritt Athens aus der Eurozone wird nun noch wahrscheinlicher, sagt im domradio.de-Interview Stefan Lunte von der Kommission der Europäischen Bischofskonferenzen. Doch Gefahr drohe so nur den Griechen selber.

 (DR)

domradio.de: Welche Folgen hätten Neuwahlen?

Lunte: Die Griechen haben sich mit 60 Prozent der abgegeben Stimmen gegen die Lösung des Memorandums ausgesprochen, mit dem Griechenland 170 Milliarden zugesichert wurden - gegen Einlösung des Versprechens, den Staatshaushalt drastisch zu sanieren. Das widerspricht der Tatsache, dass ebenfalls zwei von drei Griechen Euro-Land bleiben wollen. Beides geht nicht. Wenn es zu Neuwahlen kommt, spricht Vieles dafür, dass es noch mehr Euro-Gegner geben wird. Ein Austritt aus der Euro-Zone ist dann sehr wahrscheinlich.



domradio.de: Glauben Sie noch an einen Verbleib?

Lunte: Um das zu beantworten, würde ich gerne heute mit am Tisch der europäischen Finanzminister sitzen. Die haben ein offizielles Treffen in Brüssel. Hier geht es um viele Themen - und sicher auch um die Zukunft Griechenlands. Und ob es noch eine Zukunft gibt. Man muss auseinanderhalten: Griechenland hat kein Geld mehr und kann seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen. Das ist juristisch nicht schon der Austritt aus der Zone, den muss das Land selber beantragen. Aber unterm Strich bleibt: Wir stehen vor einer sehr schwierigen Situation.



domradio.de: Was glauben Sie wie würde es mit Griechenland nach Verlassen der Währungsunion weitergehen? Wäre das der Weg ins Armenhaus?

Lunte: Für viele Griechen wäre das ein Schritt zur Verarmung, dann würde die Drachme wieder eingeführt. Guthaben - so vorhanden - würden in Drachen ausgezahlt, genau wie alle Leistungen des Staates. Nur würde die Drachme sofort immens an Wert verlieren, man rechnet mit 30 bis 40 Prozent gegenüber dem Euro. Und das würde tatsächlich eine Verarmung großer Teile der Bevölkerung bedeuten. Eine noch größere, als sie jetzt schon stattfindet. Aber so richtig kann man sich das gerade nicht ausmalen.



domradio.de: Und der Euro? Würde der einen Austritt Griechenlands verkraften?

Lunte: Die Eurozone steht heute besser da als noch vor zwei Jahren, als die Griechenland-Krise ausbrach. Man muss sich aber dennoch darauf einstellen, dass es Rückwirkungen über das Bankensystem gibt. Das ist dann wie eine heiße Kartoffel, die weitergereicht wird. Und die hat derjenige in der Hand, der den Kredit gegeben hat - wenn ein Staat seine Schulden nicht zahlt. Für einige Banken gibt es dann also sicherlich Schwierigkeiten, auch für einige Länder wie Spanien. Insgesamt aber würde ein Austritt zum jetzigen Zeitpunkt den Fortbestand die Euro-Zone nicht gefährden.



Das Gespräch führte Aurelia Plieschke.