Das Jahr des Glaubens

Über den Glauben nachdenken

Erst ein Paulus-Jahr, dann ein Priester-Jahr und nun ein "Jahr des Glaubens": Bis zum 24. November 2013 soll sich die katholische Kirche nach dem Willen des Papstes in besonderer Weise mit dem für sie grundlegendsten, umfangreichsten und schwierigsten Thema befassen.

Autor/in:
Thomas Jansen
Den Glauben weitergeben (KNA)
Den Glauben weitergeben / ( KNA )

Noch mehr als ihre Vorgänger führt diese Initiative von Benedikt XVI. zugleich ins theologische Zentrum seines Pontifikates: Wie kann der christliche Glaube im 21. Jahrhundert überzeugend gelebt - und, nicht nur das, wie kann er vor allem auch verkündet werden? Es ist diese Frage, die Benedikt XVI. in nahezu allen Predigten, Ansprachen uns Schreiben umtreibt.



Die Inhalte des Glaubens wiederentdecken

Aber wozu nun ein eigenes "Jahr des Glaubens"? Immerhin gab es davon schon fast 2.000, wenn sich bislang auch nicht so genannt wurden, ließe sich einwenden. Es gelte, "die Inhalte des Glaubens, der bekannt, gefeiert, gelebt und im Gebet ausgedrückt wird, wiederzuentdecken und über den Glaubensakt selbst nachzudenken", so formulierte Benedikt XVI. das Ziel seiner Initiative. Das Zeugnis der Gläubigen müsse an Glaubwürdigkeit gewinnen. Er rief dazu auf, die "Schönheit" des Glaubens wiederzuentdecken.



Worum es dem Papst geht, ist vor allem eine Wiederbelebung des christlichen Glaubens in den einst katholischen und heute weitgehend säkularisierten Ländern des Westens. Seine Diagnose für das sogenannte christliche Abendland ist aus kirchlicher Sicht besorgniserregend: Säkularismus, Konsumdenken und Fortschrittsglauben prägen die Gesellschaft. Für den christlichen Glauben bleibt da kaum noch Platz, so die Wahrnehmung des Papstes. Atheismus oder häufiger noch pure Gleichgültigkeit gegenüber der Frage nach Gott machen sich breit.



Und selbst um die Religionsfreiheit steht es nach Auffassung von Benedikt XVI. in einigen westlichen Demokratien nicht zum Besten: Immer wieder weist er darauf hin, dass auch die vollständige Verbannung der Religion aus dem öffentlichen Leben im Namen einer vermeintlichen staatlichen Neutralität ein Angriff auf die Religionsfreiheit darstellt, wenn auch auf weitaus vornehmere und raffiniertere Art als in anderen Erdteilen. Ein Stichwort lautet "Kruzifixe".



Mission als Kerngeschäft der Kirche

Und auch in der Kirche selbst gibt es für Benedikt XVI. viel zu tun: etwa gegen einen wachsenden "religiösen Analphabetismus", der auch vor den Kirchentüren nicht halt macht. Das Wissen über den eigenen Glauben nehme auch unter kirchentreuen Katholiken rapide ab, so die Diagnose des Papstes. Ebenso besorgt äußert er sich über einen mangelnden missionarischen Elan. Die Mission sei kein Luxus für die Kirche, sondern gehöre zu ihrem Kerngeschäft. Es ist deshalb kein Zufall, dass die Eröffnung des "Jahres des Glaubens" mit der Bischofssynode über die Neuevangelisierung zusammenfällt, die vom 7. bis 28. Oktober im Vatikan tagt.



Wie kann das gehen, die "Schönheit des Glaubens" wiederzuentdecken? Das Rad beziehungsweise das Konzil muss hierfür nicht neu erfunden werden. Vor allem in seinen Ansprachen an die Bischöfe der Weltkirche sagt es Benedikt XVI. immer wieder: Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) birgt auch 50 Jahre nach seiner Eröffnung noch viel ungenutztes Potenzial für die Erneuerung der Kirche. Man müsse sich nur eingehend damit beschäftigen und vor wirkmächtigen Fehlinterpretationen von linker wie von rechter Seite hüten.



Die Dokumente des Konzils können nach den Worten des Papstes auch heute Antworten zur Bewältigung der aktuellen religiösen, sozialen und kulturellen Herausforderungen bieten. Und so hat Benedikt XVI. den Beginn des Themenjahres mit Bedacht auf den 50. Jahrestag der Konzilseröffnung am 11. Oktober 1962 gelegt.



"Jahr des Glaubens" soll in die Diözesen reichen

Das "Jahr des Glaubens", das liegt in der Natur des Themas, ist stärker noch als das Paulus- oder das Priesterjahr als Veranstaltung der Ortskirchen gedacht. Im Vatikan findet am 11. Oktober der zentrale Eröffnungsgottesdienst mit Benedikt XVI. auf dem Petersplatz statt. Am 21. Oktober folgen sechs Heiligsprechungen, unter ihnen jene der deutschen Anna Schäffer, und an Pfingsten ist ein großes Treffen geistlicher Bewegungen in Rom geplant. Am 2. Juni soll in allen Kathedralen der Welt zudem zur gleichen Zeit eine Eucharistische Anbetung stattfinden. Der 16. Juni ist dem Schutz des Lebens gewidmet. Außerdem sind zahlreiche Pilgerfahrten etwa von Jugendlichen, Novizen oder marianischen Bewegungen nach Rom vorgesehen.



Konkrete Vorschläge, wie Bischofskonferenzen, Diözesen und Pfarreien das Themenjahr begehen können, hat die vatikanische Glaubenskongregation schon vor längerem veröffentlicht. In einer zehnseitigen "Note" gibt sie 30 "pastorale Hinweise". Eine wesentliche Rolle sollte demnach der Katechismus der Katholischen Kirche spielen. Diese verbindliche Zusammenfassung der katholischen Glaubenslehre müsse wieder eine größere Bedeutung im kirchlichen Alltag erhalten. Die Vorschläge sind im einzelnen nicht neu, in ihrer Gesamtheit aber wohl für jede Ortskirche eine Herausforderung. Sie reichen von ökumenischen Initiativen, Gespräche mit Atheisten, über eine stärkere Wertschätzung der Eucharistie bis hin zu Bußmessen für "Sünden gegen den Glauben".



Die katholische Kirche, so die feste Überzeugung des Papstes, darf sich nicht zu sehr auf organisatorische Fragen, Reforminitiativen und Gremienarbeit konzentrieren, nicht weitgehend um sich selbst kreisen. Letztlich setzt eine Erneuerung der Kirche nach seinem Verständnis stets die "innere Verwandlung" jedes Einzelnen voraus.

Dazu will das "Jahr des Glaubens" einen Anstoß geben.