„Was Maria und Josef nicht wussten, war, dass über dem Stall jemand heimlich eine große Lampe angebracht hatte. Wie im Fußballstadion.“ „Wieder falsch. Das war doch keine Lampe. Das war ein Stern!“, schrie Therese“, schreibt Hermann Schulz in seiner Weihnachtsgeschichte.
Den Humanisten und Humoristen Dr. Fernando Silva gab es wirklich
Die er Fernando Silva gleich fünf mal erzählen lässt, während dieser wie jeden Heiligen Abend durch die Säle seiner Kinderklinik geht. Jede der fünf Varianten ist wahr. Jede ist lustig. Jede ist weise. Und alle sind anders. Die kleinen Patienten von Fernando Silva, eine der beiden Hauptpersonen, hängen atemlos an seinen Lippen. Zu diesen kleinen Patienten gehört der kleine, todkranke Straßenjunge Filemón. Er ist die zweite Hauptfigur der Geschichte.
Alle Kinder passen ganz genau auf, ob der Doktor Unfug erzählt, Lampen, wie oben im Beispiel, mit Sternen verwechselt oder die Heiligen Drei Könige mit drei Osterhasen. Diesen Dr. Fernando Silva hat es wirklich gegeben. Der Schriftsteller und Kinderarzt hat in Managua ein altes Fabrikgebäude gekauft und mit Spendengeldern von reichen Freunden zu einer Kinderklinik für Straßenkinder umgebaut.
Ein ganz besonderer Weihnachtsabend
Dr. Fernando Silva war aber auch ein Freund des Autors und Verlegers Hermann Schulz. Hermann Schulz entdeckte Ende der 60er Jahre Ernesto Cardenal, verlegte ihn und machte Cardenal weltberühmt machte. Zugleich ging in Lateinamerika ein Fenster zu einer ganz neuen Welt auf, die Hermann Schulz bald lange und ausgiebig und bis heute bereiste. Besonders Nicaragua, ist für Hermann Schulz zu einer zweiten Heimat geworden.
Als Hermann Schulz einmal Anfang Januar nach Nicaragua reiste besuchte er seinen Freund Dr. Silva bei diesem zu Hause. Fernando Silva erzählte dabei so leidenschaftlich von dem Besuch eines Straßenkindes aus seiner Klinik bei ihm zu Hause zum gerade zurückliegenden Weihnachtsfest, erzählte von einem so besonderen Heiligen Abend, dass Hermann Schulz beschloss, diese Geschichte aufzuschreiben.
Eine Busfahrkarte nach Ägypten
„Die Reise nach Ägypten“ erzählt also die Geschichte von Fernando Silva und des kleinen Filemóns. Der am Heiligen Abend ein T-Shirt bekommt - und es gegen ein Busticket nach Ägypten eintauschen möchte, weil dort „alle Kinder vor dem bösen König gerettet werden.“ Natürlich fährt kein Bus von Nicaragua von Ägypten. Aber weil Dr. Silva spürt, wie wichtig die Bitte des todkranken Jungen ist, packt den kleinen Patienten erst mal ins Auto – und findet dann seinen ganz eigenen Weg nach "Ägypten", eines, das oberhalb von Manuaga liegt: "Was ist das für ein Berg dahinten?", fragte Filemón. Einen Moment lang überlegte Fernando. "In Ägypten nennt man sie Pyramiden".
Wie Hermann Schulz diese "Reise nach Ägypten", erschienen bei dtv in der Reihe Hanser, erzählt, ist mitunter zum Lachen, mitunter zum Weinen schön. Und genauso schön liest und erzählt er eine exklusive Fassung für domradio.de.
Entstanden ist eine wirklich besondere Sendung zum Advent. Eine poetische „Reise nach Ägypten“, über der jener echte Zauber liegt, den Weihnachten haben kann. Was für ein Geschenk: Danke, Hermann Schulz!
(Erstausstrahlung: 16.12.2018)