Kleider machen Leute – klar. Über 100 verschiedene Kleidungsstücke hat die deutsche Durchschnittsfrau in ihrem Kleiderschrank. Beim Mann sollen es angeblich noch über 70 sein – Unterwäsche und Strümpfe noch gar nicht mitgezählt. Unsere Kleiderschränke platzen aus allen Nähten – aber wir haben nichts Richtiges mehr anzuziehen…. Das Kleid ist doch von vorgestern und mit der Hose geht doch heute kein Mensch mehr vor die Tür. Männer wie Frauen laufen einträchtig dem jeweils neuesten Modetrend hinterher. Selbst vor unseren Jüngsten macht das nicht halt – man denke nur an die vielen Hosen, die heutzutage natürlich an den Knien eingerissen sein müssen.
Und bei all dem Überfluss an Klamotten gibt es doch viele auch hier bei uns, die kaum das Allernötigste haben. Schuhe, die für die Kinder viel zu klein sind – Pullover, die drei Nummern zu groß sind. Wo das Geld knapp ist, da sind die Bedürftigen froh über jede Hilfe. Hier in der Kleiderkammer der Caritas sorgen viele engagierte Helfer dafür, dass die Kleiderspenden da ankommen, wo sie so nötig gebraucht werden. Wenn wir uns also neu einkleiden, sollten wir wenigstens die brauchbaren Kleidungsstücke bei der nächsten Kleiderkammer abgeben. Aber wenn Jesus empfiehlt, Nackte zu bekleiden, dann reicht das alleine nicht. Jesus will mehr – er will, dass wir die Not des Anderen sehen und handeln. Dass wir nicht nur von unseren überflüssigen Kleidern abgeben, sondern unser Herz öffnen und im Anderen immer unsere Schwester, unseren Bruder sehen. Wo immer aber wir die Not sehen und handeln, da hat das Reich Gottes schon begonnen.
Ihr Rainer Woelki
Erzbischof von Köln