Was irgendwie ein Treppenwitz ist. Denn, über meinen Mann kann man viele nette Dinge sagen: er ist z.B. ungewöhnlich hilfsbereit und z.B. großzügig mit seinem Geld und seiner Zeit. Aber ganz sicher kann man nicht sagen, dass er ordentlich sei. Jedenfalls nicht, ohne wissentlich gegen das achte Gebot zu verstoßen.
Warum also ausgerechnet mein unordentlicher Mann sich über den unordentlichen Vorgarten ereifert bleibt sein Geheimnis. Zugegeben, der Vorgarten ist voller Disteln und Wildwuchs. Und natürlich habe ich eigentlich nichts dagegen, dass mein Mann den Vorgarten richten will. Aber solange der Fußboden in der Küche klebt und die Becken im Bad auch, ist mir der Vorgarten vor allem: egal.
So ab Ende Mai jedes Jahr aber, verstummt das Genörgel über den grauslichen Vorgarten abrupt. Wenn das passiert ist die Stunde des Verbascums gekommen. Das Verbascum wächst rasch und in imposante Höhe. Um dann plötzlich in edles Gelb zu explodieren, Königskerzengelb.
Die Königskerze kannte Hippokrates schon für Wundbehandlungen und Hildegard von Bingen empfahl sie für traurige Herzen. In der Tat: Wahrhaft königlich steht sie da um unser buntes Vorgartenfahrrad mit Blumenkiste auf dem Gepäckträger herum.
Die Königskerze steht unter strengem Naturschutz, ich weiß noch, wie mein Mann sich deshalb vor Jahren, wir wohnten noch gar nicht hier, wie ein Schneekönig freute, als auf einmal eine Königskerze in unseren damaligen Garten blühte.
Keiner weiß, ob es einen Zusammenhang gibt, aber im ersten Sommer nach dem Umzug erschien eine ebensolche in unserem neuen Vorgarten. Königskerzenforscherinnen wüssten bestimmt, wie Königskerzen umziehen. Da ich aber keine Königskerzenforscherin bin, stelle ich mir einfach vor, eine Königskerze aus unserem alten Garten habe sich so über die Königskerzenfreude meines Mannes gefreut, dass sie einen Samen in eine Gartengeräteumzugskiste im Umzugswagen geschmuggelt habe, um dann am ersten Spaten klebend in den neuen Vorgarten zu segeln.
Gut so. Ich habe im Sommer, weil der Vorgarten ja mit Blühen beschäftigt ist und keine Arbeit macht, immer ein geputztes Bad, mein Mann hat einen gelbseligen, vorgartenglücklichen Blick und die Hummeln summen, brummen und leben im Königskerzenschlaraffenland.