Die Apfelringe im Ofen hingen am Wochenende noch als Äpfel an unserem einzigen Apfelbaum. Der trägt an seinen Früchten so schwer, dass sich manche Äste gleich ganz auf die Garage legen.
Nachdem wir einen großen Wäschekorb mit den geernteten Äpfeln gefüllt haben, hängen die Zweige immer noch voll.
Vor einem Jahr hätte mich die Bewältigung der Apfelschwemme vielleicht noch geängstigt. Aber in der Pandemie habe ich viel in der Küche gewerkelt und gelernt.
Aus frischen Spitzen unserer Tanne und leuchtend gelben Löwenzahnblütenblättern, die reichlich auf dem Rasen blühen, habe ich Aufstriche gekocht. So golden, dass er optisch als Honig durchgeht.
Wenn ich jetzt erzähle, dass ich auch noch Lavendelblüten und Rosenblätter habe zu Sirup gekocht habe, dann halten Sie mich vielleicht für völlig lala.
Und Sie sind in bester Gesellschaft, Rosensirup spaltet die Familie.
Aber wem das zu viel Blume im Glas ist, der mag dann ja vielleicht meinen Orangeningwer- oder Erdbeerminzsirup.
Als ich meiner Mutter vom Einkochen erzähle, sagt sie nur: wie Deine Oma.
In der Tat, wenn ich so Kirschen entsteine, Tomaten und Aprikosen zu Ketchup rühre oder Gemüse mit Salz zu Paste häcksele, fühle ich mich wie in einer Zeitmaschine. Die Pandemie hat mich schon fast vergessenes Knowhow aus den Küchen meiner Großmütter gelehrt.
Wenn ich dann aus der Küche an meinen Schreibtisch zurückkehre, freue ich mich, dass ich in einer Videoberatung mit der Verbraucherzentrale flugs meinen Bildschirm teilen kann. Ich freue mich auch, dass ich heute Sendungen online aufnehmen kann. Was ich dafür in der Pandemie schnell und dringlich lernen musste, haben mir die Kinder und deren Freunde beigebracht.
So habe ich in der Pandemie sehr altes Wissen aus der Vergangenheit meiner Großmütter und noch ganz junges Wissen aus der Zukunft meiner Kinder gelernt.
Auf der Hunderunde staune ich vor mich hin, wie sich die Vergangenheit und Zukunft in mir, also in der Gegenwart, vermischen.
Als wir zurückkommen, riecht es schon an der Haustüre leicht verbrannt.
Tja, das wäre meiner Oma nicht passiert. Die hätte gewusst, dass die Apfelringe zwar vier Stunden lang im Ofen vor sich hin trocknen sollen.
Aber sie hätte auch gewusst, dass die Apfelringe dafür fünf Millimeter dick sein sollten.