Nach diesen fünf Minuten und einer mündlichen Prüfung im Mai ist sie dann endgültig vorbei, die Schulzeit. Endlich kann das eigene Leben beginnen. Endlich können die Schüler machen, was sie selber wollen.
Wenn sie denn wissen, was sie selber wollen.
Heute ist der Tag der Arbeit. Mit Arbeit meinen wir in der Regel: bezahlte Arbeit. Erwerbsarbeit. Das ist die Frage, die den Großen, der steckt im Abi, die Große, die letztes Jahr Abi gemacht hat und alle ihre Freunde umtreibt: womit wollen sie später mal ihre Brötchen verdienen?
Gerade war ein Mädchen zu Besuch. In ihre Schule kommt regelmäßig eine Berufsberaterin. "Alle kommen daraus und wollen nicht mehr das machen, was sie machen wollten, seit ich sie kenne." "Was wollten sie denn machen?" "Die eine wollte Erzieherin werden. Die andere Geschichte studieren. Das habe aber keine Zukunft" "Aha. Was denn dann?" "Informatik, Naturwissenschaften und so. Oder Lehramt. Aber das wollen die gar nicht. Und machen das jetzt trotzdem."
Ich muss hart schlucken. Ich finde, wir haben genug Menschen, die schon Montagmorgens den Freitagnachmittag herbeisehnen. Weil Arbeit nur lästiger Broterwerb ist. Und nur die Restzeit, die freie Zeit, als richtiges Leben gilt.
"Ich sehe das anders", sage ich. Jeder muss herausfinden, worin er gut ist. Was er gerne macht. Geschichte - das sind unsere Wurzeln. Kinder, das sind unsere Zukunft. Wie könnten wir davon zu viel haben? Wenn man das macht, wozu man auf die Welt gekommen ist, findet sich ein Weg. Vielleicht nicht in einer festen Stelle, vielleicht verdienen wir dann nicht wahnsinnig viel Geld. Na und?
Es ist nicht Geld. Und auch nicht die feste Stelle, an die wir uns erinnern, am Ende aller Tage. Aber ob wir, um es mit Anne Frank zu sagen, den Menschen Freude und Nutzen gebracht haben - daran werden wir uns erinnern. Und das wird zählen.
Genug Geld für Brot, für Butter und manchmal sogar für Honig, findet sich für den, der so arbeitet. Weil es dann in der Arbeit immer um alle geht. Und das wird honoriert. In Anerkennung, Zusammenhalt und Glück. Das ist jedenfalls meine Erfahrung.
Und mein Wunsch für alle Abiturienten und Schulabgänger zum Tag der Arbeit