domradio.de: Zwei Regeln sollte man kennen, wenn man eine Kirche betritt: Kopfbedeckung absetzen und Handy aus. Warum starten Sie als Kirche in Berlin und Brandenburg jetzt eine Offensive, die das Surfen am Smartphone fördert?
Fabian Kraetschmer (IT-Leiter der Evangelischen Kirche in Berlin, Brandenburg und der schlesischen Oberlausitz): Weil wir zunächst dieses Angebot nicht nur innerhalb des Kirchraumes, sondern vor allem auch außerhalb des Kirchraumes - auf den Plätzen davor, auf den Wiesen davor - anbieten wollen. Außerdem wollen wir den Leuten die Gelegenheit geben, näher ans Kirchengebäude heranzukommen und auch mehr von den Angeboten zu erfahren, die die einzelnen Kirchengemeinden für die Menschen zur Verfügung haben.
domradio.de: Die WLAN-Hotspots heißen "God"spot - also Zugang zu Gott. Woran merkt man denn, dass man da einen Hotspot der ganz besonderen Art angewählt hat und nicht irgendeinen vom nächstliegenden Café?
Kraetschmer: Natürlich ist es zum einen der Name, der auf kirchliche Inhalte aufmerksam macht. Zum anderen ist es aber auch eine Startseite, die abhängig vom Standort andere Inhalte enthalten kann. Natürlich werben wir zunächst einmal mit christlichen Inhalten, aber wir geben jedem Standort auch die Möglichkeit, für eigene Inhalte, für Veranstaltungen, für bevorstehende Gottesdienste, für Konzerte und andere Dinge zu werben.
domradio.de: Wie hoffnungsvoll sind Sie, dass man das als Nutzer tatsächlich registriert und honoriert? Also ich wähle mich ja in ein WLAN-Netzwerk ein, weil ich einen Kommunikationsbedarf sehe. Und dann werde ich von "God"spots abgelenkt und auf irgendetwas hingewiesen, was ich eigentlich gar nicht gesucht habe, oder?
Kraetschmer: Das möchte ich mit den analogen Kirchen in Verbindung setzen, die wir ja auch schon seit Jahrhunderten gut im Griff haben. Auch da ist der Zugang kostenlos, auch dort darf man reingehen, sich einfach so erholen ohne dass man direkten Kirchenbezug hat. Und genau so ist auch unser Angebot von "God"spots zu verstehen: Wir laden die Menschen ein, darüber sicher und vertrauensvoll und vertrauenswürdig zu kommunizieren. Wir laden die Menschen ein, darüber christliche Informationen zu beziehen. Und wenn sie danach eben nur einmal die Webseite angesehen haben und uns nie wieder besuchen, dann betrübt uns das zwar, aber dann haben wir zumindest schon einmal ein Ziel erreicht.
domradio.de: Riskiert man langfristig, dass Leute nur noch Kirche und Glaube am Mobiltelefon aushandeln und am Ende nicht mehr in die Kirche kommen? Und wenn sie das nicht tun, es auch keine Orte mehr für den "God"spot gibt?
Kraetschmer: Das glaube ich nicht. Wir werden mit dem Angebot "God"spot die Menschen physikalisch näher an die Kirche bringen. Und wenn Kirche es nicht schafft, mit den ureigensten Inhalten, also mit Seelsorge und Verkündigung des Evangeliums, die Menschen zu begeistern und sie inhaltlich bei der Stange zu halten, dann hilft uns keine Infrastruktur der Welt. Weder ein Gebäude noch ein "God"spot.
domradio.de: Haben Sie im Vorfeld auch die Schattenseiten des WLANs diskutiert? Also Stichwort: Datensicherheit und Strahlenbelastung?
Kraetschmer: Natürlich. Zum Thema Datensicherheit ist zu sagen, dass wir mit vertrauensvollen Dienstleistern zusammenarbeiten, dass wir besondere Arten der Verschlüsselung einsetzen und auch besonders intensiv das Netzwerk überwachen - nicht bezogen auf das, was die Nutzer tun, sondern ob die Netze kompromittiert werden. Das Thema Strahlenbelastung ist ein sehr interessantes. Hier setzen Techniken ein, die sich nicht von der Strahlenbelastung eines heimischen WLAN unterscheiden. Von daher halten wir alle vorgeschriebenen Grenzwerte ein, aber unterscheiden uns auch von Mobilfunkstationen, die ja auch oftmals auf Kirchtürmen untergebracht sind und eine viel höhere Strahlenbelastung haben.
domradio.de: Wo geht die Entwicklung hin? Ist es das gewesen oder könnte das nicht auch die katholischen Mitgläubigen in der Stadt interessieren?
Kraetschmer: Wir haben dort schon zwei Gespräche geführt. Natürlich möchten wir dieses Thema auch ökumenisch denken. Und wir haben uns mit dem Erzbistum Berlin in Verbindung gesetzt und sind davon überzeugt, dass wir eine vernünftige Zusammenarbeit hinbekommen werden. Im Übrigen soll sich "God"spots nicht als ein freies WLAN der Evangelischen Kirche verstehen, sondern als ein freies WLAN der christlichen Kirche in Deutschland. Zum anderen ist es so, dass wir die ganze Überlegung auch bundesweit sehen und mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und anderen Organisationen in Kontakt stehen.
Das Interview führte Daniel Hauser.