domradio.de: Lebenswichtig, Luther 5.0 - warum 5.0?
Marion Gardei (Herausgeberin Buchprojekt "Lebenswichtig. Luther 5.0"): 5.0 ist sozusagen die allerneueste Version – ähnlich wie beim Computerprogramm. Uns ging es allerdings dabei nicht so sehr darum, ein neues Lutherbuch zu machen. Da sind jetzt sehr viele und gute Bücher zum Reformationsjahr erschienen. Wir wollten noch einen Schritt weiter denken. Uns hat interessiert, was denken eigentlich junge Erwachsene, die heute mit uns das Reformationsjahr feiern.
domradio.de: Was denken die jungen Erwachsenen denn?
Gardei: Das ist nicht so einfach zu sagen. Wir haben einen bunten Querschnitt von Antworten gefunden. Wir hatten ihnen ja die Aufgabe gegeben, sie sollen selber entscheiden, was für sie das wichtigste Thema ist oder die Frage, die sie umtreibt. Da schreiben sie über existenzielle Grundfragen des Lebens wie Angst, Beruf, Heimat und Sterben. Uns hat sehr überrascht, welche tiefen und offenen Antworten diese jungen Menschen gefunden haben und mit welchem Vertrauen sie uns daran teilnehmen haben lassen.
domradio.de: Gedanken über Gott und die Welt sind darin zu lesen in 23 Essays von jungen Leuten. Was sind das für Gedanken?
Gardei: Da sind zum Beispiel junge Leute, die Menschen in der eigenen Familie und Freunden beim Sterben begleitet haben. Das schildern sie mit großer Offenheit und Fragen nach aktiver Sterbehilfe. Sie lassen uns an ihrer Trauer teilnehmen. Es sind aber auch andere Themen dabei: Liebe und Beruf etwa. Es lässt sich ein roter Faden beobachten. Es sind die Fragen nach den vielen Entscheidungen, die man sich in der Lebensphase stellen muss. Oder auch die Angst sich festzulegen. Positiv gesagt: Sie suchen nach Werten. Sie sind fromm. Das haben sie uns erzählt.
domradio.de: Was hat das ganze dann mit Luther zu tun?
Gardei: Zuerst haben uns die jungen Leute das Thema genannt, über das sie im Essay schreiben wollen. Danach haben wir ihnen ein Zitat von Luther mit auf dem Weg gegeben. Sie können sich daran beim schreiben des Essays daran abarbeiten. Am Ende steht das Zitat dann auch über ihrem Text.
Wir haben eben bewusst bei ihren Gedanken angesetzt. Wir wollten nicht den Weg gehen, den viele Lutherbücher beschreiten, von Luther auszugehen. Sondern wir haben gesagt, wir nehmen das ernst, dass die Lebenswelten heute innen und außen eine ganz andere ist. Deswegen haben wir auch bewusst Leute gefragt, die nicht nur evangelischen Glaubens sind. Wir haben ganz viele katholische Autorinnen und Autoren dabei, auch Menschen aus Freikirchen. Das ist eine bunte Mischung und so ist auch der Querschnitt dieser Antworten.
domradio.de: Merkt man einen Unterschied, von welcher Konfession die Geschichten kommen?
Gardei: Eigentlich merkt man das nicht, weil diese Menschen sich sehr intensiv mit ihrem Glauben auseinandersetzen. Dieses Existenzielle sind das Charakteristische. Da ist auch für uns Autoren eine schöne Erfahrung gewesen, dass wir ganz viel über die Lebenswirklichkeit gelernt haben.