Der Mangel macht es möglich: Laien eröffnen sich wegen des Priestermangels neue Wege, mehr Verantwortung in der katholischen Kirche zu übernehmen. So stellte das Erzbistum München und Freising am Montag neue Modelle der Gemeindeleitung vor, die nicht nur auf die - weniger werdenden - Priester setzen. Andere deutsche Bistümer planen Ähnliches. Auch für Frauen eröffnen sich dadurch neue Chancen.
Förderung weiblicher Führungskräfte
Da kommt das bundesweit erste Programm zur Förderung weiblicher Führungskräfte der katholischen Kirche zur rechten Zeit. Seit 2016 bereiten sich dabei 40 Frauen ein Jahr in Seminaren und Workshops darauf vor, mehr Verantwortung zu übernehmen. Begleitet werden sie von jeweils einer Mentorin oder einem Mentor, die selbst Leitungserfahrung in der Kirche mitbringen.
Die Teilnehmerinnen kommen nicht nur aus zentralen Diensten wie Personalabteilungen der Bistümer. Unter ihnen sind auch Pastoral- und Gemeindereferentinnen, die in der Pfarrseelsorge tätig sind. Das Förderprogramm umfasst praxisorientierte Angebote wie einen Workshop über die Bedeutung von Geschlechterrollen und Statusverhalten in Führungsebenen sowie ein Training "Argumentationstechniken: Umgang mit Killerphrasen".
Kirchliche "Marktlücke"
Die Angebote stoßen in eine kirchliche "Marktlücke". Während die ersten beiden Mentoring-Kurse noch laufen, gibt es bereits eine hohe Nachfrage nach einer Wiederauflage, wie die Geschäftsführerin des Hildegardis-Vereins, Birgit Mock, bei einem "Halbzeittreffen" in Berlin erklärte. Der Verein engagiert sich seit über 100 Jahren für die akademische Aus- und Weiterbildung von jungen Katholikinnen. Er führt das Förderprogramm in Kooperation mit der Deutschen Bischofskonferenz durch.
Mock betonte, das Programm mache sichtbar, dass viele Frauen bereit und geeignet seien, Leitungsaufgaben in der Kirche zu übernehmen. Die Mentorinnen und Mentoren unterstützten sie dabei, ihre Stärken zu erkennen und auszubauen. Das Programm wende sich damit auch gegen eine traditionelle Vorstellung, die Frauen keine Führungskompetenz zutraue. Den Teilnehmerinnen biete es eine Plattform, um sich zu vernetzen. Überdies sei es eine Werbung für die Kirche als Arbeitgeber. Sie habe heute oft Probleme, Stellen mit geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern zu besetzen.
Förderprogramm der Deutschen Bischofskonferenz
Der Anstoß zu dem Förderprogramm kam von der Deutschen Bischofskonferenz. Sie verpflichtete sich 2013 in Trier, den Anteil von Frauen in Leitungspositionen, die keine Weihe erfordern, deutlich zu erhöhen. Dort sind sie bislang unterrepräsentiert, auch wenn der Trend nach oben weist. So stieg nach Angaben der Bischofskonferenz der Frauenanteil zwischen 2005 und 2012 in den oberen Leitungsebenen von 5 auf 12,7 Prozent, in der mittleren Führungsebene nahm er von 13 auf 19,2 Prozent zu.
An der Förderprogramm beteiligen sich bislang 14 der 27 deutschen Diözesen. Es sind die Erzbistümer Bamberg, Berlin, Hamburg, Köln sowie München und Freising und die Bistümer Aachen, Dresden-Meißen, Essen, Hildesheim, Limburg, Magdeburg, Münster, Osnabrück und Trier.
Sie berufen die Teilnehmerinnen individuell oder wählen sie nach Ausschreibungen aus, an denen sich jede Mitarbeiterin bewerben kann. Gefördert wird das Programm vom Bonifatiuswerk, das zukunftsgerichtete katholische Projekte unterstützt.
In den Seminaren und Workshops begegnen die Teilnehmerinnen durchaus unterschiedlichen Erfahrungen von leitenden Frauen in der Kirche. So berichtete Uta Raabe, die das Seelsorge-Dezernat des Erzbistums Berlin leitet, von ihrem Eindruck, dass Frauen in Führungspositionen eher "aus dem Bauch reagieren" als Männer. Sie empfiehlt, sich unterschiedlicher "Spielregeln" bei Männern und Frauen bewusst zu sein. Martina Köppen, die Leiterin des Katholischen Büros Berlin-Brandenburg, erlebt dagegen "keinen besonderen Frauentyp", wenn es um Leitungsaufgaben geht. Frauen sollten in Konflikten mit Männern nicht von vornherein eine "Opferrolle" einnehmen, rät die Vertreterin des Erzbistums Berlin in der Landespolitik.