Deutschlands dienstältester Generalvikar geht Ende des Sommers in den Ruhestand. Seit 23 Jahren ist Theo Paul Stellvertreter von Osnabrücks Bischof Franz-Josef Bode und Leiter der Bistumsverwaltung. 2020 soll das letzte Jahr für ihn an der Spitze des Generalvikariats der Diözese sein. Am Dienstag gab der Bischof den - offenbar gesundheitlich bedingten - Rückzug des 66-Jährigen aus dem Amt zum 20. September bekannt.
Für Bode wie für Paul ist das nicht einfach eine Personalie. Beide verbindet eine tiefe Freundschaft. Und auch für die Gläubigen im Bistum Osnabrück ist der Generalvikar nicht nur ein Verwaltungsdirektor und ein Spitzen-Manager in der katholischen Kirche Deutschlands, sondern in erster Linie ein Seelsorger mit viel Nähe zu den Menschen. Für nicht wenige ist er einfach "der Theo".
Menschen mit einem Lächeln begegnen
Paul wurde am 27. Dezember 1953 in Bad Laer (Landkreis Osnabrück) geboren. Nach einer Ausbildung zum Industriekaufmann machte er sein Abitur und studierte in Frankfurt und Münster Theologie. Am 12. Dezember 1981 wurde er zum Priester geweiht und war anschließend in Meppen, Haren und Lemförde tätig. Paul war unter anderem Abteilungsleiter im Generalvikariat, Frauenseelsorger und Geistlicher Begleiter der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung im Bistum Osnabrück. Mit Wirkung vom 1. Januar 1997 berief ihn Bode ins Amt des Generalvikars.
Der Generalvikar begegnet Menschen mit einem Lächeln. Mit seiner ruhigen Art zu sprechen und seinem leicht schelmenhaften Blick ist es die Aufforderung: Erzähl mir von dir. Zum Generalvikar darf jeder kommen, heißt es aus seiner Umgebung, er habe ein offenes Ohr für alles und jeden. Bedienstete im Generalvikariat erzählen sogar von Besuchen ihres Chefs am Krankenbett. Seine kommunikative Art und seine lebhafte Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftlichen Trends schätzen nicht zuletzt Journalisten. Auch ihr Metier kennt Paul gut: Er ist seit vielen Jahren Vorsitzender des Aufsichtsrats der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Vorsitzender des Katholischen Krankenhausverbandes Deutschlands
Seit 2011 ist Paul auch Vorsitzender des Katholischen Krankenhausverbandes Deutschlands (KKVD), der 400 katholische Klinikstandorte mit etwa 200.000 Mitarbeitern, 5 Millionen ambulanten und 3,5 Millionen stationären Patienten vertritt. Die Amtsperiode des jetzigen Vorstands läuft bis zum Jahr 2021. Im Verdrängungswettbewerb der Kliniken untereinander versucht Paul die katholischen Kliniken zu stärken. Sie stellten in besonderer Weise den Patienten in den Mittelpunkt ihres Handelns, argumentiert er. Und er warnt immer wieder vor einer verschärften Ökonomisierung und Gewinnmaximierung zulasten der Patienten.
Bereits im Juli 2019 hat Paul dagegen das Amt des Verwaltungsrat-Chefs beim katholischen Hilfswerk Misereor abgegeben, das er neun Jahre inne hatte. Das wurde als eine erste Konzession an seine angeschlagene Gesundheit gedeutet. Eines seiner großen Anliegen bei Misereor war die Unterstützung für den Kampf gegen die Folgen des Klimawandels. Der sei nicht nur "eine theoretische Diskussion oder Spekulation, sondern Realität", warnte Paul. In vielen Ländern, etwa auf den Philippinen, wirke sich der Klimawandel bereits konkret auf das Leben der Menschen, ihre Ernährung sowie familiäre und berufliche Perspektiven aus.
Persönlicher Einsatz für Flüchtlinge
Europa habe eine "große Verantwortung, mit unseren Möglichkeiten zu helfen und entsprechende Programme auf den Weg zu bringen". Der Generalvikar setzt sich auch persönlich für Flüchtlinge ein. Als die Bilder von den an der griechisch-mazedonischen Grenze bei Idomeni gestrandeten Menschen in den Medien kursierten, holte eine von ihm maßgeblich unterstützte Initiative 50 von ihnen nach Deutschland. Die Irrfahrten von Seenotrettern im Mittelmeer geißelte er als "menschenunwürdiges Szenario".
Dialogbereit zu sein und selbst existenzielle Fragen zu stellen, gehört nach Worten Pauls zur christlichen Grundhaltung. Seiner Kirche rät Paul zu Reformen. Zusammen mit neun anderen deutschen Generalvikaren forderte er vor zwei Monaten grundlegende Reformen und konkrete Beschlüsse vom "Synodalen Weg" der katholischen Kirche in Deutschland. "Die Kirche nach dem Wehen des Geistes auszurichten, ist niemals oberflächliche Anpassung", schreibt er in seinem Blog. Sie brauche "auch die Erkenntnisse der Zeit für eine zukunftsfähige Gestaltung".
In einer persönlichen Krise habe ihm die Frage Jesu "Warum habt ihr solche Angst?" an die Jünger am See Genezareth geholfen, neues Vertrauen in Gottes Liebe zu finden, erzählt er. Wer sich solchen Fragen Jesu stelle, könne viel von dessen Energie erfahren, so der scheidende Generalvikar. Er müsse aber auch den Mut aufbringen, sich mit der eigenen Schwäche und Kleingläubigkeit zu konfrontieren.
Ulrich Beckwermert wird Nachfolger
Zum Nachfolger Pauls hat Bischof Franz-Josef Bode unterdessen den Domkapitular und Personalreferenten der Diözese Ulrich Beckwermert (55) ernannt. Beckwermert stammt aus Emsdetten, wuchs in Bad Iburg auf und wurde 1990 zum Priester geweiht. Nach Stationen in Fürstenau und Bohmte wurde er 2001 Dompfarrer in Osnabrück. Er war ab 2008 Frauenseelsorger des Bistums und als Regens für die Ausbildung des Priesternachwuchses verantwortlich. Seit Dezember 2016 ist er als Personalreferent für den Einsatz von Priestern und anderen hauptamtlichen Mitarbeitern der Diözese zuständig. 2017 wurde Beckwermert Domkapitular.