DOMRADIO.DE: Überrascht Sie das Ergebnis hinsichtlich des Abschneidens der Katholischen Kirche bei der diesjährigen Untersuchung? Oder war das für Sie erwartbar?
Dr. Peter Matuschek (forsa-Institut): Das überrascht mich insofern nicht, als sich dieses Ergebnis über die letzten Jahre schon in der Tendenz angekündigt hat. Wir erheben das "Institutionenvertrauen" im Jahresrhythmus, seit 2005 immer am Anfang jeden Jahres. Da war die Katholische Kirche auch in den letzten Jahren schon im unteren Drittel verortet. In diesem Jahr gab es zwar noch einmal einen kleinen Rückgang, aber die Positionierung der Kirche innerhalb der anderen Institutionen, die wir abfragen, war insofern nicht überraschend.
DOMRADIO.DE: Haben Sie eine Erklärung dafür, warum das so ist? Die Katholische Kirche liegt sogar noch hinter den arg gebeutelten Banken. Also wirklich weit hinten...
Matuschek: Das ist richtig. Sie liegt bei den Banken - fast gleichauf oder sogar etwas dahinter. Hier muss man sehen, dass die Bundesbürger schon relativ sensibel wahrnehmen, was sich so in der Gesellschaft tut. Man sieht das auch in anderen Umfragen.
Wenn man sich einmal die langen Zeitverläufe der letzten Jahre seit 2005 anschaut, dann gab es für die Katholische Kirche immer eine gewisse Wellenbewegung. Sie war auch 2005 noch mit um die 24 Prozent Vertrauen schon eher im unteren Drittel. Sie hat sich dann wieder etwas erholt. Dann kam im Grunde genommen der Bruch, als um die Jahre 2010 und 2011 die Missbrauchsfälle bekannt wurden. Dann gab es wieder eine leichte Erholung.
Aber im Grunde, muss man sagen, bewegte sich das Vertrauen in die Katholische Kirche immer um einen Wert von unter 30 Prozent und damit auch deutlich unter dem Wert der Evangelischen Kirche.
DOMRADIO.DE: Die Evangelische Kirche kommt weitaus besser weg. Ihr vertrauen immerhin 36 Prozent. Ist es neu, dass es da einen so großen Unterschied zwischen den Kirchen gibt?
Matuschek: Nein, das ist nicht neu. Wir haben immer einen Abstand von etwa 20 Prozent gemessen. Das Interessante ist aber, dass in diesem Jahr wie auch schon im letzten Jahr auch die Evangelische Kirche an Vertrauen verloren hat. Es waren zehn Prozentpunkte im letzten Jahr – ähnlich wie bei der Katholischen Kirche. Sie pendelt sich jetzt um einen Wert von 38 Prozent im letzten und 36 Prozent in diesem Jahr ein. Der Abstand zwischen den beiden Kirchen bleibt bestehen.
Das mag zum einen mit Vorgängen innerhalb der Kirchen zu tun haben, insbesondere der Katholischen Kirche, wo es jetzt nochmal ab 2018 einen Abfall gab. Das kann natürlich aber auch damit zusammenhängen, dass die Zahl der Konfessionsmitglieder unterschiedlich ist. Aber wir sehen, dass die Leute Entwicklungen innerhalb der Institutionen sehr sensibel wahrnehmen. Bei der Evangelischen Kirche hatten wir eine deutlich größere Kontinuität im Vertrauen, also viel weniger Veränderungen über die letzten 15 Jahre hinweg, als es bei der Katholischen Kirche der Fall war.
DOMRADIO.DE: Interessanter ist auch, dass dem Papst immerhin 29 Prozent der Menschen trauen. Woran liegt das?
Matuschek: Das ist insofern interessant, als dass das Amt des Papstes eine rasante Entwicklung über die letzten 15 Jahre genommen hat. Es gab seinerzeit einen ersten Schub im Vertrauenszuwachs für den Papst nach der Wahl von Benedikt XVI. Das nahm dann in dem Moment ab, in dem die Missbrauchsfälle bekannt wurden.
Dann kam der Sprung mit der Wahl von Papst Franziskus von 24 auf 55 Prozent im Jahr 2014. Das heißt, er hielt sich über einige Jahre deutlich über der 50-Prozent-Marke. Das ist jetzt aber wieder deutlich zurückgegangen. Möglicherweise auch, weil man den Eindruck hat, dass er mit seinen Reformplänen nicht in allen Punkten vorankommt. Da gab es einen deutlichen Abfall in den Jahren 2018 und 2019, sodass er jetzt zwar immer noch vor der Katholischen Kirche liegt, aber das Vertrauen auch in den Papst wieder nachgelassen hat.
DOMRADIO.DE: Gibt es etwas, was Sie kirchlichen Entscheidungsträgern ans Herz legen könnten, wenn man einmal auf die Vertrauensgewinner wie die Polizei oder die Universitäten beispielsweise schaut?
Matuschek: Ich glaube, dass man schon einen grundlegenden Schluss ziehen kann. Es sind die Institutionen ganz oben auf der Liste, von denen die Leute den Eindruck haben, dass sie sehr nah an den Menschen dran sind, dass sie etwas für die Menschen und die Gesellschaft tun. Das ist bei der Polizei der Fall. Das ist auch bei Ärzten der Fall, die mit der Polizei gleichauf liegen.
Forschungseinrichtungen und Universitäten haben per se immer ein hohes Ansehen, weil man da den Eindruck hat, dass sie die Gesellschaft voranbringen und sich um Entwicklungen kümmern. Das ist ein gemeinsamer Nenner, den man hier ausmachen kann.
Das Interview führte Verena Tröster.