"Es wird ja immer behauptet, dass man national gar nichts machen könne, weil alles auf der Ebene der Weltkirche geregelt werden müsse", sagte Wolf in einem Interview der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Publik-Forum". Dieser Ansicht habe aber Papst Franziskus selbst widersprochen, indem er eine spezielle Amazonas-Synode abgehalten habe.
Auch wenn das entsprechende Schlussdokument etwas schwammig sei, habe Franziskus "zumindest indirekt bestätigt", dass es in der Kompetenz und Verantwortung der brasilianischen Bischöfe liege, ob sie viri probati - also bewährte verheiratete Männer - zu Priestern weihen wollen oder nicht. "Also scheint es selbst in päpstlicher Lesart legitim zu sein, wenn Bischöfe Entscheidungen für ein bestimmtes Gebiet treffen", betonte Wolf.
Zur Frage nach möglichen Beispielen für Deutschland sagte der Kirchenhistoriker: "Warum können die Bischöfe nicht hinstehen und sagen: Wir möchten Diakoninnen weihen?" Historische Studien zeigten, dass es geweihte Diakoninnen gegeben habe, "die zum Teil nach demselben Ritus geweiht wurden wie ihre männlichen Kollegen".
Kirchenhistoriker warnt vor Enttäuschungen
Das Grundproblem des Reformdialogs Synodaler Weg besteht laut Wolf darin, "dass eine ganze Reihe von Bischöfen dabei ist, die jetzt schon sagen: 'Wir können nichts machen.'" Es gebe ja auch keine klare rechtliche Struktur und Kompetenz wie bei einer Synode. "Was soll denn aus einem jahrelangen Diskussionsprozess rauskommen außer Enttäuschung?", fragte er.
Der 61 Jahre alte Kirchenhistoriker sagte zudem, im Moment konzentriere sich die Kirche auf sich selbst. "Und auch das tut sie nicht richtig, weil sie nicht bereit ist, zu den vertuschten Verbrechen in ausreichendem Maße zu stehen und diejenigen Bischöfe, die im Missbrauchsskandal Schuld auf sich geladen haben, zur Rechenschaft zu ziehen." Was dann bleibe, sei eine "fundamentalistisch verbogene Form von Religion". Wolf betonte: "Katholizismus bedeutet Weite."