Pfarrer Meurer befürwortet Stadionbesuche nur für Geimpfte

"Moralisch überhaupt kein Problem"

Ab Ende August sollen nur noch Geimpte und Genesene die Heimspiele des 1. FC Köln im Rheinenergiestadion sehen dürfen. Das ist keine Impfpflicht durch die Hintertür, findet Pfarrer Franz Meurer und kann sich ähnliches auch für die Kirche vorstellen.

Das Rheinenergie-Stadion in Köln / © taranchic (shutterstock)
Das Rheinenergie-Stadion in Köln / © taranchic ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Das ist ein klares Statement vom FC. Wie stehen Sie zu dieser Entscheidung, nur noch Geimpfte und Genesene ins Stadion zu lassen?

Pfarrer Franz Meurer (Pfarrer in Köln-Höhenberg und -Vingst): Das ist absolut richtig. Wir haben in Ostheim wieder eine Inzidenz von 217. Es geht also kräftig nach oben. Schauen wir das Ganze mal mit Papst Benedikt an. Der hat gesagt: Zuerst kommt die Vernunft, dann die Freiheit, dann vielleicht der Glaube als Geschenk. Also müsse man die Vernunft an die erste Stelle setzen. Wir müssen aber auch die Freiheit der Menschen akzeptieren. Das heißt, wir können keinen zum Impfen zwingen. Aber wir können die Bedingungen der Vernunft setzen. So einfach ist das.

Wir haben ja hier zum Beispiel ein Wohnheim, eines der acht Wohnheime der katholischen Kirche in Köln. Dort sind 40 Prozent der Jugendlichen noch nicht geimpft. Ich habe eben noch mit dem Chef gesprochen, der sagt mir: Wir gehen heute mit den Jugendlichen, die wir bewegt kriegen, zu Viktoria Köln. Die spielen nämlich heute Abend gegen Hoffenheim. Und da ist ab 16.30 Uhr Impfung mit BioNTech. Mal sehen, wie viele von den 40 mitgehen. Das heißt, man kann die Vernunft nur langsam rauskitzeln und das machen wir hier.

DOMRADIO.DE: Es gibt bei dieser Entscheidung des FC auch Gegenwind, weil die Entscheidung von einigen Seiten als indirekte Impfpflicht bewertet wird. Wie sehen Sie das?

Meurer: Es ist keine indirekte Pflicht, sondern man setzt die Bedingungen. Wir haben zum Beispiel in unserer Kirche zum Glück 106 Plätze. Und manchmal müssen Leute vor der Kirche draußen bleiben. Die hören dann von draußen zu und die große Tür ist auf, denn ab 106 Personen funktioniert es eben nicht mehr. Das heißt, es ist aus meiner Sicht eine Frage der Disziplin, aber nicht nur der persönlichen Disziplin, sondern auch der Verantwortungsdisziplin.

Wenn wir dafür sorgen wollen, dass die Delta-Variante uns nicht überfällt, müssen wir an vielen kleinen Stellen viele kleine Sachen machen, um die Sache in den Griff zu kriegen. Und von daher sehe ich moralisch überhaupt kein Problem, weil wir ja nicht die Menschen zu etwas zwingen, sondern nur Bedingungen setzen. Das ist was völlig anderes.

DOMRADIO.DE: Eine Ausnahme macht der 1. FC Köln zum Beispiel für Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können. Die können dann trotzdem mit negativen Tests ins Stadion. Ist so eine Ausnahme angemessen und fair?

Meurer: Fair ist es natürlich immer, kranken und besonders angeschlagenen Menschen eine Chance zu geben. Aber diese Menschen werden wahrscheinlich von sich aus besonders auf die Bestimmungen achten, also auf den Abstand, dass sie nicht mit Menschen in einer Schlange stehen und all die anderen Dinge.

Ich hatte heute Morgen eine Beerdigung und dann haben davor gesagt: Ja, ich bin zweimal geimpft. Dann habe ich gesagt: Ja, aber zweimal geimpft zu sein, nutzt allein nichts. Seit Corona lüfte ich jeden Tag die Büros bei uns hier im Pfarrhaus eine halbe Stunde lang und mache Flächendesinfektion mit zweierlei Tüchern, also zum Beispiel, einem besonderen Tuch für die Telefone und so weiter. Das steht mir hier unter dem allgemeinen Motto: Vielleicht nützt es nichts, aber auf keinen Fall schadet es.

DOMRADIO.DE: Gesundheitsminister Spahn hat gesagt, für Bereiche, die nicht zur Grundversorgung gehören, könne er sich auch einen Zutritt nur für Geimpfte oder Genesene vorstellen. Können Sie sich das auch für die Kirche oder andere Bereiche vorstellen?

Meurer: Das kann ich mir vorstellen. Es ist bei uns so: Ich entscheide hier nicht, sondern hier entscheiden der Pfarrgemeinderat und der Kirchenvorstand. Wir haben zum Glück bei uns, obwohl wir ja der ärmste Teil von Köln sind, vier Ärzte, die mitarbeiten, auch eine junge Ärztin mit 28 und die haben Ahnung und bei uns wird alles demokratisch abgestimmt und dadurch sind die Entscheidungen sehr gut. Ich bin mal gespannt, in welche Richtung sich das hier entwickeln wird.

Ich glaube aber, wir bleiben weiter ziemlich streng. Wir hatten zum Beispiel einige Zeit keine Messe, aber Wegzehrung. Das heißt, man konnte sich die Kommunion holen und danach wurde die Kommunion den Menschen, die es wollten, an die Haustür gebracht, natürlich unter Schutzmaßnahmen. Ist ja klar, mit Abstand. Das heißt, wir reagieren jeweils auf die aktuellen, medizinisch notwendigen Bedingungen.

Das Interview führte Julia Reck.


Franz Meurer / © Smilla Dankert (Erzbistum Köln Presse)
Quelle:
DR
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