domradio.de: Was bedeutet das Wort "Quatember" eigentlich?
Jan Hendrik Stens (Liturgie-Redaktion): Das ist ein Zusammenschluss aus zwei Wörtern: quattuor und temporum und bedeutet so viel wie vier Jahreszeiten.
domradio.de: "Vier Jahreszeiten", sind damit auch die vier klassischen Jahreszeiten gemeint?
Stens: In der Tat. Lateinisch heißt der komplette Ausdruck: ieiunia quattuor temporum. Es geht um das Fasten in den vier Jahreszeiten, das meistens auf die Tage Mittwoch, Freitag und Samstag verteilt wurde. Diese Tage waren durch Fasten, Abstinenz, Gebet und Almosen geprägt. Ursprünglich sind das ausgezeichnete Bußtage im Kirchenjahr der römisch-katholischen Kirche gewesen.
domradio.de: Woher stammt denn dieser Brauch?
Stens: Der Brauch kommt aus der römischen Liturgie. Seinen Ursprung hat er wahrscheinlich im Pontifikat von Calixtus I. im 3. Jahrhundert. Seit Papst Gregor VII. sind die Quatembertage im Kalender der gesamten Weltkirche eingeführt worden. Sie haben sich vor allen Dingen immer auf die eben erwähnten Tage (Mittwoch, Freitag und Samstag) und die vier Jahreszeiten bezogen. Das war einmal nach dem Fest der heiligen Lucia am 13. Dezember, nach Aschermittwoch, nach Pfingsten und nach dem Fest der Kreuzerhöhung am 14. September. Also tatsächlich: Winter, Frühling, Sommer und Herbst. Da gibt es auch einen schönen Merkvers, der heißt: "Nach Asche, Pfingsten, Kreuz, Luzei gedenke, dass Quatember sei."
domradio.de: Warum kennt diese Quatemberwoche heute kaum noch jemand?
Stens: Diese Quatembertage sind im Zuge der Erneuerung der Liturgie nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil neu geordnet worden und danach auch sehr stark in Vergessenheit geraten. Die Deutsche Bischofskonferenz hat allerdings 1972 beschlossen, dass diese Quatember im deutschen Regionalkalender künftig auch weiterhin noch stattfinden sollen. Allerdings gibt es diese Quatembertage nicht mehr als sogenannte Fast- und Abstinenztage, so wie das früher war, sondern es soll um eine geistliche Erneuerung der Gemeinden gehen, in denen um geistliche Berufe gebetet werden soll. Es soll aber auch um entsprechende Anliegen der katholischen Hilfswerke gehen und diese sollen auch in den Fürbitten einbezogen werden. Die Gemeinden sind in der Ausgestaltung dieser Quatemberwochen aber sehr frei. Es ist sozusagen kein Muss und daran liegt es auch, dass es kaum noch praktiziert wird.
domradio.de: Wie sehen denn noch weitere konkrete Beispiele aus, wie man als Gemeinde so eine Quatemberwoche begehen kann?
Stens: Es gibt tatsächlich im Messbuch eigene Messformulare für diese Quatembertage und auch für diese ursprünglichen Tage (Mittwoch, Freitag und Samstag). Der Samstag war früher auch immer der Vigiltag. In der alten Liturgie war diese Vigilmesse noch sehr ausführlich. Die Pfingstoktav, die es damals noch gab, die hatte fünf alttestamentliche Lesungen. Das Liturgische ist heute nicht mehr so stark präsent, es gibt zwar noch eigene Messformulare, aber das kann man zum Beispiel sehr schön verbinden, indem man hinterher noch ein Treffen im Pfarrheim veranstaltet, bei dem zum Beispiel ein Vertreter von diesen Hilfswerken einen Vortag hält. Man könnte einen Diskussionsabend durchführen, an dem man vielleicht auch eine Spendendose aufstellt. Man verbindet sozusagen das Liturgische mit dem Diakonischen und könnte so eine Themenwoche in den Gemeinden gestalten.
Das Interview führte Hilde Regeniter.