DOMRADIO.DE: Die Kommission des "Ökumenischen Arbeitskreises" hat lange gearbeitet und jetzt ein Papier vorgelegt. Darin haben sich führende evangelische und katholische Theologen für die wechselseitige Teilnahme am Abendmahl ausgesprochen. Das Votum bezieht sich jedoch nicht auf ein "gemeinsames Abendmahl", das ein Zeichen für die sichtbare Einheit der Kirche sein würde. Was steckt dahinter?
Bischof Georg Bätzing (Bischof von Limburg und Bischöflicher katholischer Vorsitzender des "Ökumenischen Arbeitskreises" / ÖAK): Beraten hat der ökumenische Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologinnen und Theologen, die jeweils einen bischöflichen Vorsitz haben.
Die Empfehlung ist, dass es sinnvoll sein kann - begründet durch die Theologie in ihren verschiedenen Fachrichtungen und durch die Vielgestalt eucharistischer, liturgischer Feiern, die sich sowohl schon in biblischer Tradition als auch in der Tradition der Geschichte finden und unter bestimmten Kriterien, also auch Anforderungen, die wir gegenseitig aneinander stellen -, dass die konfessionellen Partner an der jeweiligen Feier der Konfessionen, die in ihrer Gestalt so bleibt, teilnehmen dürfen.
DOMRADIO.DE: Es ist eine theologische Empfehlung. Das Lehramt müsste dem dann auch folgen. Sie vereinen als Bischof beides. Wie sieht das bei Ihnen ganz persönlich aus?
Bätzing: Ich bin hier wirklich theologisch gefragt. Ich bin recht spät in diesen theologischen Prozess dazu gekommen und habe mich natürlich auch gefragt, ob ich dem zustimmen kann oder nicht.
Aber ich muss sagen, die theologische Begründung in diesem Grundlagenpapier ist für mich so deutlich, dass ich mich nicht entziehen wollte und auch nicht konnte. Das heißt aber nicht, dass ich als Bischof Alleingänger bin, sondern die theologische Diskussion muss jetzt auf die Ebene einer lehramtlichen Rezeption, also einer Annahme durch das Lehramt der katholischen Kirche, gehoben werden. Und dieser Prozess steht aus.
DOMRADIO.DE: Es gibt schon viele Christen, die in vorauseilendem Ungehorsam das, was die Theologen jetzt erforscht haben, umsetzen. Wie sehen Sie einen zeitlichen Horizont, wann diese Christen das auch übereinstimmend mit dem Lehramt machen können?
Bätzing: Die Sehnsucht wächst und die Ungeduld wächst. Ich glaube, dass hier wirklich Entscheidungen anstehen und dass das Lehramt der Kirche auch den Blick auf die Gläubigen haben muss. Deshalb hoffe ich, dass wir das in nicht allzu langer Zeit erleben dürfen.
Die Rezeption dieses theologischen Textes muss jetzt folgen. Die Praxis kann nur verändert werden, wenn es auch eine Zustimmung des Lehramtes gibt.
Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen.
Information der Redaktion: Die christlichen Kirchen erinnern mit Abendmahlsgottesdienst und Eucharistiefeier an die von der Bibel überlieferte letzte Zusammenkunft Christi mit den zwölf Aposteln.
Am Abend vor seiner Kreuzigung teilte Jesus nach christlichem Glauben Brot und Wein und bat seine Jünger, zum Gedächtnis an seinen Tod künftig das Abendmahl zu begehen. Die Feiern sind noch heute in den christlichen Glaubensgemeinschaften Höhepunkt des Gottesdienstes.
Nach katholischem Verständnis sind bei der Eucharistie Brot und Wein unmittelbar Leib und Blut Christi. Nach evangelischer Überzeugung sind sie im Abendmahlsgottesdienst mit der Präsenz Christi verbunden.
ÖAK
Der ÖAK ist eine Gruppierung von Theologen, die seit 1946 durch das gemeinsame Erörtern von dogmatischer Streitfragen den ökumenischen Prozess in Deutschland unterstützen will. Der ÖAK arbeitet eigenständig, unterrichtet aber regelmäßig die katholische Deutsche Bischofskonferenz und den Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) über die Beratungen. Vorsitzende sind die Bischöfe Martin Hein (Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck) und der Limburger Bischof Georg Bätzing.