"Köln steht Kopf" titelte vor fünf Jahrzehnten die Wochenzeitung "Die Zeit" - und meinte nicht den Karneval, sondern das ungewöhnliche muslimische Gebet im Herzen des katholischen Köln, bei dem auf den Steinfliesen im Dom auch Gebetsteppiche ausgerollt wurden. Und die Kölnische Rundschau sprach gar von einem "Tag, der Religionsgeschichte gemacht hat". Es blieb aber nur ein einmaliges Ereignis - auch weil die Kirchenoberen und nicht zuletzt der Vatikan Bedenken anmeldeten.
Die Aktion war aber schon damals "sehr umstritten", weiß der Hausherr der Kathedrale, Dompropst Norbert Feldhoff, zu berichten. Und auch aus heutiger Sicht sei sie nicht positiv zu werten, ist der Geistliche überzeugt, der vor einigen Wochen noch Schlagzeilen machte, weil er aus Protest gegen die Kögida-Islamkritiker die Dom-Beleuchtung abschalten ließ. Die Genehmigung für das muslimische Gebet der türkischen Gastarbeiter unter christlichem Dach hatte damals wohl ein einzelnes Mitglied des Domkapitels gegeben, wie Feldhoff unter Bezug auf mündliche Überlieferung erläutert. Hundertprozentig sicher sei das aber nicht.
"Sicher ist aber, dass das Domkapitel nachträglich die Entscheidung mitgetragen hat", betont der Dompropst, der wenige Tage nach dem Ereignis in der Kathedrale zum Priester geweiht wurde. Genauso sicher sei aber auch, dass der damalige Kölner Erzbischof, Kardinal Josef Frings, der Aktion nicht zugestimmt habe.
Folge des Konzils
Dabei ist der Gedanke gar nicht so abwegig, dass die Kirche Muslimen Räume für das Gebet zur Verfügung stellt. Immerhin hatte das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) das Verhältnis der katholischen Kirche zum Islam neu bestimmt und Respekt gegenüber der Religion bekundet, die mit den Christen den Gla8uben an einen Gott teilt.
In der Folge empfahl in den 1970er Jahren die Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland, den muslimischen Mitbürgern Räume zur Verfügung zu stellen. Das Erzbistum Köln griff die Überlegung auf. Im Einzelfall könnten geeignete Gebäude den Muslimen zum Gebet überlassen werden, teilte Feldhoff als damaliger Generalvikar 1977 den Gemeinden mit. Indes: Kirchen und Kapellen sollten nicht diesem Zweck dienen. Zur Begründung wurde auf technische, psychologische und soziologische Gründe verwiesen. Zudem sei zu "beachten, dass Kruzifixe, Bilder und Statuen für Moslems ein Ärgernis sind".
Die Muslime, die vor 50 Jahren wenige Meter entfernt vom Dreikönigsschrein immer wieder ihr "Allahu akbar" ("Gott ist groß") ausriefen, haben sich an den christlichen Symbolen offensichtlich nicht sehr gestört. Jedenfalls bedankten sich die türkischen Gastarbeiter am Ende der Feier, indem sie für den Wiederaufbau des Doms spendeten. Und der Imam - so wird berichtet - lobte das Domkapitel für die brüderliche Geste.
Keine Neuauflage 2006
Als die damalige Islambeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Lale Akgün, 2006 den damaligen Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner auffordere, nach einer Debatte über multireligiöse Feiern an Schulen eine Verständigungsgeste zu zeigen und ein Ramadangebet im Kölner zuzulassen, gab es eine Absage des Domkapitels. "Unter Berücksichtigung des muslimischen Selbstverständnisses wäre das gar nicht möglich", sagte Feldhoff damals und nannte die Forderung eine "absurde Vorstellung". Räume, in denen Muslime einmal gebetet hätten, gingen nach dem Verständnis bestimmter muslimischer Gruppen in ihr Eigentum über, so der Dompropst 2006. Er betonte: "Der Dom ist ein christliches Gotteshaus."
Muslime seien im Kölner Dom stets willkommen, das Gotteshaus könne jedoch unter keinen Umständen für einen muslimischen Gottesdienst zur Verfügung gestellt werden. Das käme auch für die Muslime selbst nicht in Frage, sagte Feldhoff weiter. Der Besuch des Domes stehe aber allen Menschen offen.